Die Herausforderungen der Finanzkrise für die Weltwirtschaftsinstitutionen

Rede in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Sehr verehrter Herr Generalsekretär, Sehr geehrte Damen und Herren, Lieber Kollege SASI,

Für diesen gelungenen Bericht danke ich Ihnen sehr herzlich.

Die Weltwirtschafts- und Finanzkrise womit wir heute zu tun haben, ist keine Naturkatastrophe, sondern eine durch falsche und fatale Politik verursachte Krise. Wenn wir nicht bereit oder willig sind, die Ursachen dieser Krise zu erkennen, werden wir nicht verhindern können, dass eine solche Katastrophe auch in naher Zukunft erneut entsteht.

Und es wäre neben den nationalen Regierungen nicht zuletzt die Aufgabe der globalen Institutionen wie IWF, WTO und Weltbank gewesen, die jetzige Krise rechtzeitig zu erkennen und sie mit notwendigen Maßnahmen zu verhindern!

Die Grundursache dieser Weltwirtschafts- und Finanzkrise liegt darin, dass man sich die sogenannte Wirtschaftsphilosophie der ‚lassez faire‘ Politik in den führenden kapitalistischen Staaten, vor allem in den USA, aber auch in Japan und Europa, maßlos zu eigen gemacht hat. Der Staat sollte sich von der Regulierung von Finanz- und Wirtschaftspolitik fernhalten. Eine Politik von Deregulierung und Neo-Liberalisierung haben sich die Bush-Administration in den USA und in Folge viele andere Länder fast dogmatisch zu eigen gemacht und umgesetzt. Manche der bereits vorhandenen Kontrollmechanismen des Staates wurden eliminiert.

Gegen jede rationale Vernunft wurde nach den Prinzipien des ungehemmten Marktradikalismus jedes noch so abwegige, spekulative Finanz- und Börseninstrument zugelassen.

Die Bürger wurden steuertechnisch geradezu animiert und angehalten, ihre Ersparnisse und Altersvorsorgen mit in diese Spekulationsblasen zu werfen.

Nun, nach dem Platzen dieser Blasen und dem Scheitern dieser Politik sollen wieder die Bürger haften: Mit Staatsbürgschaften, Notkrediten und Konjunkturpaketen für Industrie und Handel.

Es sei daran erinnert: Eben große Teile dieser Bürger wurden in den vergangenen Jahren systematisch von den Steigerungen des gesellschaftlichen Reichtums ausgeschlossen und lediglich die ohnehin vermögendsten Teile der Gesellschaft konnten noch reicher werden.

Wer dieses Laissez-faire Dogma derart geradezu befolgt und fördert, trägt eine Mitschuld am Zusammenbruch von Volkswirtschaften. Aber auch am Hunger von Millionen Menschen in den ärmeren Regionen dieser Welt, die sich den Reis, Getreide und andere Nahrungsmittel auf ihren Feldern, nicht mehr leisten können!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Kosten der Krise können nur ansatzweise beziffert werden: der Internationale Währungsfonds hat in seinem Frühjahrsgutachten zur Krise seine Verlustprognose bis Ende 2010 von zunächst 2,2 Billionen US-Dollar auf über 4 Billionen US-Dollar heraufsetzen müssen! Am provisorischen Charakter dieser Schätzungen lässt sich erkennen, dass wir sehr viel drastischere Zahlen nicht ausschließen können!

Interessanterweise ist es US-Präsident Obama gewesen, der vor wenigen Tagen einen richtungweisenden Vorschlag gemacht hat, wie künftigen Krisen besser vorgebeugt werden kann. Demnach sollen neue Kontrollorgane eingesetzt werden, die untereinander eng vernetzt sind, um drohende Krisen rechtzeitig zu erkennen. Insbesondere soll auch die hochriskante Vergabeflut von ‚faulen Krediten‘ eingedämmt werden, um die Kleinsparer besser zu schützen.

Auch die EU Staats- und Regierungschefs haben am vorigen Wochenende Maßnahmen zur Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise beschlossen, die nach meinem Dafürhalten sehr halbherzig sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die globalen Finanzmärkte benötigen eine klar-erkennbare Regulierung und eine stärkere Kontrolle. Der IWF, die WTO und die Welt- und Nationalbanken müssen mit dem verbindlichen politischen Auftrag ausgestattet werden, alles Erdenkliche gegen die spekulativen Exzesse der Zukunft zu tun, sie zu kontrollieren und zu verhindern.

Durch öffentliche Kontroll- und Lenkungsinstrumentarien der Finanzströme, durch den Ausbau der öffentlicher Beschäftigung und Investitionen in die Öffentliche Daseinsvorsorge; durch die Förderung der sozial-ökologischen Wirtschaftsbereiche und durch eine sozial gerechte Steuer-Politik werden wir dem Ziel einer überschaubaren, weniger krisenanfälligen aber auch sozialgerechteren und demokratischen Politik für breite Teile der Weltbevölkerung gelangen können.

Die Hauptkonsequenz aus dieser Krise muss sein, dass das sogenannte freie Spiel der Märkte nicht erneut das politische und wirtschaftliche Handeln bestimmen darf. Wir erleben gegenwärtig drastisch, zu welchen fatalen Folgen diese Orientierung geführt hat!

Vielen Dank!

Dateien:

avrupa_konseyi_nde_konusma_ekonomik_kriz_23.06.2009.doc

rede_finanzkrise.doc