Keine Schlammschlacht mit ausländerfeindlichen Parolen!
Die Türkische Gemeinde in Deutschland warnt die Union vor einer Schlammschlacht mit ausländerfeindlichen Parolen und fordert sie auf, zu einem sachlichen und fairen Wahlkampf zurückzukehren.
Die Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik, die Steuerung der Zuwanderung und die Integration der hier lebenden Zuwanderer sind zu ernste Themen, als dass man sie in der letzten Phase des Wahlkampfs zur Polarisierung der Innenpolitik einsetzen darf. Sowohl große Teile der deutschen Öffentlichkeit und auch die Weltöffentlichkeit reagieren sehr empfindlich, wenn in Deutschland die Themen ‚Ausländer und Zuwanderung” innenpolitisch instrumentalisiert werden.
Der demographische Diskurs in Wissenschaft und Politik, wie man dem Rückgang der Bevölkerung entgegentreten soll, darf nicht dazu instrumentalisiert werden, eine angebliche Ausländerflut in Deutschland zu suggerieren. Stammtischparolen führen zu Entfremdung von Zuwanderern und Deutschen und gefährden die erzielten Integrationserfolge.
Es gibt keinen Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Zuwanderung. Zuwanderer meiden Länder mit hoher Arbeitslosigkeit. Die gegenwärtige Arbeitslosigkeit in Deutschland ist auf die Deindusrialisierungspolitik in den neuen Bundesländern und auf wirtschaftliche Umstrukturierungsprozesse zurückzuführen. Zuwanderer verursachen keine Arbeitslosigkeit, sondern sie leiden am meißten darunter. Wer hier die Zusammenhänge verzerrt, betreibt vorsätzlich innenpolitische Hetze.
Das Grundgesetz der Bundesrepublik kennt keine Staatsreligion. Wer von Zuwanderern verlangt, sich zu den ‚Wurzeln im Christentum” zu bekennen, betreibt eine christliche Missionierungspolitik, die gegen unsere Verfassung verstößt. Die Mehrheit der ’sogenannten Ausländer” sind niedergelassene Zuwanderer, die de facto ‚Inländer ohne deutschen Paß” sind. Wer die Kriminalität von hier Geborenen und Aufgewachsenen zusätzlich mit Ausweisung bekämpfen will, führt eine Verbannungsstrafe ein, die in der Rechtsordnung der Bundesrepublik nicht vorgesehen ist.
Die Union wirft Bundeskanzler Schröder vor, die Kriegsangst zu schüren. Dies will sie mit Emotionalisierung des Wahlkampfs kontern, indem sie die Zuwanderungspolitik in der letzten Wahlkampfphase in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs rückt. Die Art und Weise, wie die Union auf ihrer Bundespressekonferenz am 16.09.2002 in Berlin ihre Grundkonzeption zur Novellierung des Zuwanderungsgesetzes vorgetragen hat, ist geeignet nicht nur subtil, sondern ganz offen soziale Kälte, Deutschtümmelei und fremdenfeindliche Emotionen in der Öffentlichkeit zu schüren.
Wer so Wahlkampf betreibt, wird bei den über 700.000 wahlberechtigten Zuwanderern keine Anhänger finden. Schlammschlachten gegen Ausländer führen oft zu einer Stärkung der rechtsextremistischen Parteien. Wer einen populistischen Wahlkampf gegen Minderheiten führt, wird nicht die Regierungsverantwortung in der Bundesrepublik, sondern weltweite Ablehnung ernten.
Alişan Genç (Stellv. Bundesvorsitzender)