Presseberichten zufolge setzte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel für eine Verschärfung der EU-Position gegenüber der Türkei ein. Die Türkei lehnt es bislang ab, der Republik Zypern (griechisch-zypriotischer Teil) ihre Häfen und Flughäfen zu öffnen.
Berechtigterweise fordert die Türkei, dass die EU im Gegenzug ihren Zusicherungen gegenüber Nordzypern
Die Europäische Kommission schlug vor, die Verhandlungen mit der Türkei in acht Teilbereichen auszusetzen. Merkel wollte eine Wiederaufnahme der Gespräche nun durch eine so genannte Revisionsklausel erschweren. Die Revisionsklausel hätte vorgesehen, dass selbst wenn die Türkei die Forderungen erfüllte, der Rat der 27 EU-Mitglieder nach Ablauf einer Frist von 12 bis 18 Monaten einstimmig eine Wiederaufnahme der Verhandlungen hätte beschließen müssen.
Mit dieser Forderung widerspricht die Kanzlerin sowohl der Koalitionsvereinbarung als auch eigenen Aussagen gänzlich. In ihrer Rede anlässlich des deutsch-türkischen Wirtschaftsforums am 6. Oktober 2006 in Istanbul äußerte sie sich über die deutsche Haltung zu den EU-Verhandlungen mit der Türkei folgendermaßen: ‚Aber ich habe auch gleichzeitig immer wieder gesagt, dass wir in der Regierungsverantwortung das Prinzip ‚Pacta sunt servanda’- das meint das Prinzip der verlässlichen Partner, was Verträge anbelangt- verfolgen.‘
Zuvor hatte sie auch in ihrer Regierungserklärung vom 30. November 2005 bekräftigt, dass Vertragstreue gelten müsse: ‚Wir stehen zu den Vereinbarungen, so wie sie von der Vorgängerregierung getroffen wurden. ‚Pacta sunt servanda’ muss das Prinzip europäischen Vertrauens sein.‘
Gegenwärtig erleben wir aber, dass sich die Bundeskanzlerin von rein populistischen und parteipolitischen Motiven leiten lässt, womit sie sich auf die Position des Beitrittsgegners Stoibers zurückbewegt. Die Forderung nach einer Revisionsklausel widerspricht dem Beschluss von 25 Staats- und Regierungschefs, in welchem die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei am 3. Oktober 2005 mit dem Ziel der EU-Mitgliedschaft aufgenommen wurden.
Ich fordere den Koalitionspartner SPD dazu auf, dafür zu sorgen, dass die Außenpolitik Deutschlands eine verlässliche Kontinuität aufweist. Die Glaubwürdigkeit Deutschlands darf auf internationaler Ebene nicht aufgrund von innenpolitischen, populistischen Erwägungen Schaden nehmen. Verträge müssen, wie es von der Bundeskanzlerin zuvor mehrmals zugesichert worden ist, eingehalten werden.
Hakkı Keskin