"Dialogprozess zwischen Georgien und Russland fördern"

Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zur Implementierung der Resolution 1633 über die Konsequenzen des georgisch-russischen Krieges und der humanitären Bewältigung der Kriegsfolgen

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

der Krieg vom August 2008 zwischen Georgien und Russland um Südossetien hat tiefe Wunden hinterlassen, die noch lange nachwirken werden.

Dies betrifft vor allem die schwierige Lage der Kriegsflüchtlinge und Binnenvertriebenen in Georgien. Ihr Recht auf Rückkehr in die früheren Wohnorte muss in vollem Umfang gewährleistet werden! Zahlreiche Binnenvertriebene, ca. 100.000 Menschen, konnten bereits in ihre Wohnorte in den ehemaligen, sogenannten ‚Pufferzonen‘ zurückkehren. Der Wiederaufbau von Wohnungen und Infrastruktur in Georgien kommt zügig voran. Auch die Verdienste Russlands um humanitäre Hilfen in Süd- und Nordossetien gilt es zu würdigen. Zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aus der örtlichen Bevölkerung sowie humanitäre und technische Hilfsorganisationen aus den Mitgliedstaaten des Europarates unterstützen aktiv den Aufbauprozess. Ihnen gebührt an dieser Stelle Dank für ihren unermüdlichen Einsatz!

In der Praxis dürfen sich die Rückkehrmöglichkeiten für die Flüchtlinge nicht nur auf kerngeorgische Gebiete beschränken, sondern müssen auch für Südossetien und Abchasien gelten! Die gilt für die Flüchtlinge des letzten Krieges, aber auch für diejenigen aus früheren Konflikten. Ebenso benötigen zivile Hilfsorganisationen dringend einen ungehinderten Zugang zu den Konfliktgebieten!

Wichtig sind des Weiteren vertrauensbildende Maßnahmen, internationale Sicherheitsgarantien und wirtschaftliche Kooperationsanreize. Die Mitgliedstaaten des Europarates sollten die Einsetzung einer neuen Beobachtermission der OSZE für ganz Georgien, inklusive Südossetiens, fordern. Es ist auch in russischem Interesse, die Rolle der OSZE zu stärken. Schließlich hat sich Russland als OSZE-Mitglied jahrelang aktiv engagiert und wertvolle Arbeit geleistet.

Die OSZE ist nicht die NATO! Die OSZE hat sich in der Vergangenheit sehr bewährt und könnte zur Grundlage für eine neue Sicherheitsarchitektur in Europa werden, die Russland nicht ausgrenzt, sondern integriert. Die militärische Einkreisungspolitik, die die NATO gegenüber Russland immer noch praktiziert, entspricht der Geisteshaltung des Kalten Krieges. Sie verschärft die Konfrontation und muss deshalb umgehend beendet werden! Eine eventuelle, baldige Aufnahme Georgiens in die NATO wäre vor diesem Hintergrund politisch unverantwortlich!

Misstrauen und Ängste lassen sich überwinden, wenn man über die bestehenden Probleme redet. Ich appelliere eindringlich an die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter aus Russland und Georgien, das offene Gespräch zu suchen! Dies gilt natürlich auch für den Dialog auf Regierungsebene.

Sofern direkte Gespräche zwischen Russland und Georgien derzeit nicht erreichbar sind, sollten sich die Mitgliedstaaten des Europarates als Vermittler anbieten. Denn eines ist klar: solange die Konfliktparteien miteinander reden, schweigen die Waffen! Und dies ist immer die einzig menschliche Alternative!

Lassen Sie mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Sinne zum Schluss Ihre Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema lenken. Im georgisch-russischen Krieg um Südossetien wurden nach Berichten unabhängiger Menschenrechtsorganisationen bei der Kriegsführung von beiden Seiten Streubomben eingesetzt. Streubomben gehören zu schlimmsten Waffen überhaupt, da sie unterschiedslos gegen militärische und zivile Objekte wirken und somit vor allem die unschuldige Zivilbevölkerung treffen. 94 Staaten haben diese Waffen bereits geächtet und auch 19 linke Parteien dieses Hohen Hauses haben eine Deklaration gegen Streubomben verabschiedet. Deshalb sollte sich auch der Europarat insgesamt intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen und sich für ein weltweites Produktions- und Verwendungsverbot aussprechen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Bilder:

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