Das türkische Verfassungsgericht hat entscheiden, dass die unter der AKP-Regierung durchgeführte Gesetzesänderung, welche das Tragen des Kopftuchs an den Universitäten erlaubte, verfassungswidrig sei. Somit gilt an türkischen Universitäten wiederum das Kopftuchverbot.
Die Aufgabe dieses hohen Gerichts ist es, zu überprüfen, ob vom Parlament verabschiedete Gesetze verfassungskonform sind oder nicht. In allen demokratischen Rechtsstaaten ist die Kontrolle der Legislative und Exekutive seitens der Judikative ein unverzichtbares Gebot der Gewaltenteilung. In Deutschland beispielsweise hat das Bundesverfassungsgericht zahlreiche Gesetze für nichtig erklärt, weil sie als nicht verfassungskonform beurteilt wurden. Die jeweiligen Regierungen akzeptierten diese Urteile und nahmen dementsprechende Gesetzesänderungen vor.
Bezüglich des Kopftuchthemas hatte das türkische Verfassungsgericht auch in den Jahren zuvor ähnliche Urteile gefällt. Auch die Urteile des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs unterstützen die des türkischen Verfassungsgerichts. Wie auch das aktuelle Urteil vom 3. Juni 2008 belegt, sieht das EuGH im geltenden Kopftuchverbot an türkischen Universitäten keine Verletzung der Menschenrechte.
In der gegenwärtigen Situation sind insbesondere die Regierungspartei AKP und die nationalistische MHP aufgefordert, das Urteil des Verfassungsgerichts der Türkei zu respektieren. Jede Regierung und politische Partei, ganz gleich mit welcher Mehrheit sie gewählt wurde, ist dazu verpflichtet, die Entscheidungen diesen hohen Gerichts zu akzeptieren. Die Kopftuch-Debatte an türkischen Universitäten sorgt bereits seit Jahren für eine starke Polarisierung und politische Spannungen.
Auf der Agenda der Türkei steht eine Reihe von dringlichen Problemen, die auf eine Lösung warten. Ich rufe die Regierung und die Oppositionsparteien dazu auf, einen lösungsorientierten Dialog aufzunehmen.
Hakkı Keskin