Die Welt zu Gast bei Freunden: was im Namen der laufenden Fußballweltmeisterschaft dem Ausland als Botschaft signalisiert wird, nämlich Weltoffenheit und kulturelle Toleranz, gilt für die deutsche Asyl- und Flüchtlingspolitik offenbar nicht.
Bundesinnenminister Schäuble (CDU) unternimmt derzeitig einiges, um Deutschland als ausgesprochen ungastliches Land zu präsentieren. Künftig sollen noch mehr Migranten als bislang in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Parallel dazu sollen die Fluchtursachen besser bekämpft werden.
Diese Reihenfolge halte ich für reichlich verdreht. Die Bekämpfung der Ursachen von Flucht und Vertreibung müsste eigentlich schon lange die zentrale Aufgabe der Politik Deutschlands und der EU sein. Solange diese Fluchtursachen aber in den Herkunftsländern weiterhin bestehen, ist nicht nachzuvollziehen, weshalb teilweise schon seit etlichen Jahren in Deutschland lebende Migranten plötzlich verstärkt ausgewiesen werden sollen. Die offizielle Statistik belegt ohnehin, dass die Zahl der Asylantragsteller in den letzten Jahren ganz erheblich gesunken ist, sowohl in der Bundesrepublik wie EU-weit. Vor diesem Hintergrund sind Bestrebungen, durch eine gezielte Abschottungspolitik Europa zur Festung auszubauen, nichts als unverantwortliche Panikmache.
Einen wichtigen Punkt bildet zudem die Frage, mit welchen konkreten Maßnahmen Fluchtursachen bekämpft werden sollen. Die Einrichtung von polizeilichen Auffanglagern in den Herkunftsländern steht bei konservativen Politikern derzeit hoch im Kurs. Schäubles Vorstoß fügt sich nahtlos in diese Logik ein. Stattdessen ist vielmehr die Entwicklungshilfe aufzustocken, um vor allem die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, gesundem Trinkwasser, Medikamenten und Bildungsmöglichkeiten zu sichern. Hierzu gehört auch, Exportprodukten aus Entwicklungsländern den Zugang zum europäischen Markt zu erleichtern. Dies wäre die richtige sozioökonomische Übersetzung von ‚Die Welt zu Gast bei Freunden‘, mit der die Bundesrepublik durchaus ihr internationales Renommee erhöhen könnte.
Prof. Dr. Hakkı Keskin