EU Türkei

· Zwischen der Türkei und der damaligen EWG wurde am 12. September 1963 das Assoziierungsabkommen un-terzeichnet. Und zwar von dem deutschen Präsidenten der EWG-Kommission, Walter Hallstein (CDU).

· Das Ziel des Abkommens und der anschließenden Zu-satzprotokolle sind ganz eindeutig: Die volle Mitglied-schaft der Türkei.

· Genau mit diesem Ziel ist die Türkei in die Zollunion der EU aufgenommen worden.

· Die 15 Staats- und Regierungschefs der EU haben am 9. Dezember 1999 die Türkei als Beitrittskandidat aner-kannt.

· Als Voraussetzung für den Beginn der Beitrittsverhand-lungen sollte die Türkei den politischen Teil der Kriterien von Kopenhagen bis Ende dieses Jahres erfüllen.

· Am 6. Oktober wird der Bericht der EU-Erweiterungskommission veröffentlicht, der feststellen wird, inwieweit die Türkei die Voraussetzungen für den Beginn von Bei-trittsverhandlungen erfüllt hat.

· Wird das Votum positiv sein, so werden die 25 Staats- und Regierungschefs der EU am 17. Dezember 2004 darüber entschieden, ob und wenn ja, dass dann die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ‚unverzüglich‘ be-ginnen werden.

Das ist der Weg, den die Türkei und die EU zu gehen ha-ben. Am Ende der Beitrittsverhandlungen steht nur die volle EU-Mitgliedschaft der Türkei zur Disposition. Alles andere ist parteipolitische Phantasie oder Polemik.

· Die von den Unionsparteien vorgeschlagene ‚privilegier-te Partnerschaft‘ ist eine indiskutable Angelegenheit der CDU/CSU.

· Dieses Ansinnen ist eine freche Mogelpackung. Die so-genannte ‚privilegierte Partnerschaft‘ bedeutet nämlich ‚eine Freihandelszone, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Zusammenarbeit beim Kampf ge-gen Terror.

· Diese Partnerschaft, wenn man sie überhaupt privile-giert nenn soll, hat die Türkei bereits heute: Zollunion, NATO, gemeinsamer Kampf gegen den Terror, alles ist politische Realität.

· Selbstverständlich können Frau Merkel und Herr Steu-ber gegen die EU-Mitgliedschaft der Türkei sein und dies auch offen austragen. Mit dieser Mogelpackung aber die Türken für dumm zu verkaufen, ihr wie ein Ko-lonialherr ein solches Angebot zu unterbreiten, finde ich unmöglich, ja unverschämt.

Die EU braucht die Türkei

Bei dieser Diskussion um einen EU-Beitritt der Türkei geht es nur um Probleme und mögliche Risiken für die EU. Wel-che Vorteile die EU von einer solchen Mitgliedschaft haben würde, wird kaum diskutiert.

· Die Frage ist, welche Visionen die EU hat und welche Rolle sie in der Welt zu spielen gedenkt. · Will die EU lediglich eine wichtige Wirtschaftsmacht in der Welt bleiben und politisch das Weltgeschehen nur als Zuschauer beobachten?

· Oder will sie sich aktiv, gestalterisch, Frieden stiftend und als aktiver Vermittler bei Konfliktlösungen ein-schalten,

· will sie neben den USA und zukünftig auch neben Chi-na Gewicht haben, so braucht sie eine neue Gestalt, eine neue weltpolitische Orientierung.

· Sie muss sich zu einem der Weltmachtzentren entwi-ckeln, wenn ihre ökonomische Macht auch genügend politische Bedeutung gewinnen soll!

· Bei dem drohenden, von manchen auch gewollten Kampf der Kulturen und Zivilisationen könnte und müs-ste die Türkei eine Vermittlerrolle übernehmen, sie müsste Brücken zwischen den Zivilisationen, zwischen Okzident und Orient bauen.

· Nur so kann weltweit mehr Sicherheit, mehr Frieden, mehr Verständigung und mehr Zusammenarbeit zwi-schen vermeintlich gegensätzlichen Positionen in den islamischen und christlichen Ländern gestiftet werden.

· Der Türkei kommt genau hierbei eine ganz wichtige und unverzichtbare Rolle zu.

· Ihre geographische und geopolitische Lage als Brücke zwischen zwei Kontinenten, Europa und Asien, als Stabilitäts- und Machtfaktor im Nahen Osten ist für die-se Rolle in besonderer Weise geeignet.

· Als ein demokratischer und laizistischer Rechtsstaat kann sie als Modell für viele Länder der islamischen Welt gelten, indem sie deutlich macht, dass der Islam und diese universalen Werte nicht im Widerspruch zu-einander stehen. Demokratie, Trennung von Staat und Religion, der Laizismus also, Rechtsstaat, Menschen-rechte und Modernität können genauso gut in einem Land mit islamischer Bevölkerung voll verwirklicht wer-den.

· Genau diese Ausstrahlung der Türkei mit ihrer mehr-heitlich islamischen Bevölkerung wäre ein Modell für viele der islamischen Länder.

· Dies wäre der Beweis als Beispiel der Versöhnung der historisch belasteten Beziehungen zwischen beiden Zivilisationen, Religionen und vielfältigen Kulturen, zwi-schen islamisch und christlich geprägten Ländern.

· Genau diesen ganz elementaren Ansatz unterstreicht Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker wenn er sagt: ‚Zu den großen globalen Aufgaben gehört es, ei-ne Brück von den westlichen Demokratien zur musli-mischen Welt zu bauen. Dafür bietet eine demokrati-sche Türkei einen unverzichtbaren Pfeiler.‘

· Eine durch die Mitgliedschaft der Türkei gestärkte Eu-ropäische Union kann im Nahen Osten großes Ge-wicht erlangen und so wichtige Beiträge leisten. Zum einen für den Demokratisierungsprozess in der Regi-on, aber auch als Vermittler für eine friedliche Lösung des Konflikts beispielsweise zwischen Israel und Pa-lästina, aber auch in sonstigen Konflikten.

· Heute hat die EU bei den Konflikten in der Region eher eine Zuschauerrolle. Damit kann und darf sich eine so bedeutende Wirtschaftsmacht wie die EU nicht zufrie-den geben.

· Mit der Mitgliedschaft der Türkei wird die EU bedeu-tend mehr an Sicherheit und Einfluss gewinnen, und zwar nicht nur im Nahen Osten.

· Die Türkei mit ihrer sehr jungen und dynamischen Be-völkerung und Wirtschaft stellt auch eine große Berei-cherung für die Wirtschaft der EU dar.