Deutschland braucht ein völlig neues Verständnis seiner Migrations- und Integrationspolitik, das auf folgender Grundorientierung basiert. Deutschland ist längst unumkehrbar ein Einwanderungsland und eine multikulturelle Gesellschaft geworden.
Die Eingewanderten und ihre Kinder und Enkel sind ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Deutschland ist auch ihre Heimat. Diesen Menschen eine gleichberechtigte Aufnahme in die Gesellschaft zu ermöglichen, ist die Grundvoraussetzung der Integration und die primäre Aufgabe der Politik.
Das neue Staatsangehörigkeitsrecht hat mit der Einführung des Territorialprinzip für in Deutschland geborene Kinder einen sehr wichtigen Schritt getan. Für die ganz überwiegende Mehrheit der ersten und zweiten Einwanderergeneration, vor allem für die Türken, wurden die Einbürgerungskriterien allerdings erschwert. Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts bedarf einer weiteren Reform.
Deutschland braucht dringend ein Antidiskriminierungsgesetz, ähnlich wie in vielen Nachbarländern, um Rassismus, Antisemitismus und Ausländerhass wirkungsvoll bekämpfen und Benachteiligungen der kulturellen Minderheiten schrittweise aufheben zu können.
Die kulturelle Vielfalt ist die Zukunft und eine Bereicherung für Deutschland. Die kulturellen Minderheiten bilden eine Brücke zwischen ihren Herkunftsländern und Deutschland. Diese Menschen machen Deutschland in bezug auf Sprache, Musik, Literatur, Kunst, Sport, Religion, auf unterschiedliche Lebensweise und nicht zuletzt in der Gastronomie bunter, reicher und attraktiver. Dieser Reichtum verdient gefördert zu werden:
Kindergärten, Schulen, Hochschulen sind die besten Orte dieser lebendigen und dynamischen kulturellen Vielfalt. Diese Orte können mit einem seit Jahren von Wissenschaftlern geforderten ‚interkulturellen Ansatz‘ im Erziehungs- und Bildungsbereich für alle Kinder zu Laboratorien der sprachlichen Vielfalt, des gegenseitigen Verstehens und Lernens, der Toleranz, der Dialogfähigkeit, der Verständigung und des Abbaus von Vorurteilen gemacht werden. Die Förderung dieses interkulturellen Ansatzes ist das beste Bollwerk gegen rechtsradikale und neonazistische Ideen und damit gegen die von der rechten Szene ausgehende Gewalt.
Integrationspolitik fordert Visionen und ist nicht zum Nulltarif zu haben. Es lohnt aber, dieser Aufgabe nunmehr die Bedeutung beizumessen, die sie längst verdient.