Wir sind gefordert, das gleichberechtigte Zusam-menleben zu organisieren!
Die Grundvoraussetzung eines friedlichen Zusammenlebens der in Deutschland dauerhaft lebenden kulturellen Minderheiten mit der deutschen Bevölkerung ist die rechtliche, politische und soziale Gleichstellung sowie ihre Gleichbehandlung in allen Bereichen der Gesellschaft. Dies ist heute nicht gewährleistet.
Deshalb müßte die Einwandererpolitik in Deutschland auf drei Säulen basieren:
1. Der rechtlichen, sozialen und politischen Gleichstellung. Dazu zählen:
- Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft, um allen in Deutschland dauerhaft lebenden Nichtdeutschen volle staatsbürgerliche Rechte zu ermöglichen.
- Die in Deutschland geborenen Kinder der hier lebenden Immigranten erhalten durch Geburt automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft,
- alle rechtmäßig seit 8 Jahren in Deutschland lebenden Nichtdeutschen haben An-spruch auf den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft, ohne die erzwungene Aufgabe ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit (Doppelte Staatsbürgerschaft).
- Die Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Regierung mit dem Ziel, das Staatsbür-gerschaftsrecht zu reformieren, müßte konsequent und rasch umgesetzt werden.
2. Der interkulturelle Dialog:-Hierfür ist insbesondere eine interkulturelle Erziehung und Ausbildung im Vorschul-, Schul- und Hochschulbereich erforderlich. Ein interkultureller Dialog ist aber auch im Bereich der Medien, sowie im Wohn- und Arbeitsleben unverzichtbar.
3. Die rechtliche Gleichbehandlung:-Um dies für alle Immigranten und ihre Kinder zu ermöglichen, ist ein Gesamtpaket von Antidiskriminierungsmaßnahmen erforderlich.
Bei der Gleichbehandlung der nichtdeutschen Bevölkerung geht es vor allem um dringend erforderliche Maßnahmen, um einerseits der Diskriminierung der kulturellen Minderheiten entgegenzuwirken, andererseits geht es auch darum, eine gezielte Förderung aller Benachteiligten in dieser Gesellschaft zu ermöglichen.
Deshalb braucht auch Deutschland ein Antidiskriminierungsgesetz (ADG), ähnlich wie es bereits u.a. die USA, Kanada, die Niederlande, Großbritannien oder Schwe-den haben.
Deutschland hat zahlreiche völkerrechtliche Abkommen unterzeichnet, die den Schutz vor Diskriminierung zum Inhalt haben. Die aus diesen internationalen Verträ-gen resultierenden völkerrechtlichen Verpflichtungen müssen vom Gesetzgeber be-achtet und entsprechend dem Grundsatz der völkerrechtskonformen Auslegung bei der Interpretation des Rechts berücksichtigt werden.
Viele Länder haben bereits in den vergangenen Jahren im Geiste dieser völkerrecht-lichen Abkommen eigene nationale Gesetze verabschiedet mit dem Ziel, einerseits die Diskriminierung von ethnisch-kulturellen Minderheiten zu beheben, andererseits aber auch mit ‚positiver Diskriminierung‘ die vorhandenen Benachteiligungen der Migranten mit Fördermaßnahmen schrittweise zu beheben, um deren Gleichstellung zu erreichen.
Als Beispiel können hierbei die Maßnahmen folgender Länder für Gleichstellung, Nichtdiskriminierung und Förderung bei Benachteiligung dienen:
- ‚Positive Aktion‘: Gezielte Förderung der benachteiligten Minderheit mit dem Ziel der Chancengleichheit, wie in Großbritannien und den Niederlanden.
- ‚Positive Diskriminierung‘: Gesetzliche Maßnahmen, die benachteiligte Minderheit gegenüber der Mehrheit solange in bestimmten Grenzen zu bevorzugen, bis Gleich-heit erreicht ist, wie in den USA und Kanada.
- Weitgehende strafrechtliche Sanktionen gegen Diskriminierung, wie in den Nieder-landen, der Schweiz, den USA, Kanada und Großbritannien.
- Weitgehender zivilrechtlicher Schutz vor Diskriminierung durch Einräumung von An-sprüchen auf Schadensersatz für materielle und immaterielle Diskriminierung, wie in den Niederlanden, Großbritannien, den USA und Kanada.
- Einrichtung von Beschwerdestellen zur Abwehr und Beseitigung diskriminierender Maßnahmen, wie in den Niederlanden, Großbritannien, den USA und Kanada.
- Bindung staatlicher Subventionen und Aufträge für private Unternehmen an die Ein-haltung der Ziele der Gleichstellung und Gleichbehandlung, wie in den USA, Großbri-tannien und den Niederlanden.
Deutschland könnte an Hand der Erfahrungen mit den Gesetzen der oben genannten Länder ein Antidiskriminierungsgesetz verabschieden, welches folgende Bereiche erfassen sollte:
Abbau gesetzlicher Diskriminierung
Eine Reihe von Gesetzen in verschiedenen Bereichen enthalten Diskriminierungen von Migranten und ihren Familienangehörigen, die sich seit längerer Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Diese sind abzuschaffen. Einige wenige Beispiele:-Das BSHG (§ 120) reduziert den Sozialhilfeanspruch von Drittstaatenangehörigen gegenüber Deutschen und Bürgern aus EU-Ländern. -Das Ausländergesetz (§ 46) nennt einzelne Ausweisungsgründe, darunter auch die Inanspruchnahme von Sozialhilfe, -Das Hochschulrahmengesetz (§ 27) beschränkt den Zulassungsanspruch auf Deut-sche und EU-Inländer.
Benachteiligungsverbote
Benachteiligungsverbote sind Vorschriften des Zivilrechts, die es etwa dem Arbeitge-ber verbieten, Nichtdeutsche zu benachteiligen.
Untersuchungen zeigen, daß die nichtdeutschen Arbeitnehmer am Arbeitsplatz wie auch bei Bewerbungen diskriminiert werden .
Hierbei könnte an § 611a BGB aus dem Arbeitsrecht angeknüpft werden. Diese Vor-schrift verbietet es derzeit dem Arbeitgeber, einen Arbeitnehmer wegen seines Ge-schlechts zu benachteiligen. Außerdem beinhaltet diese Vorschrift eine Beweislasterleichterung für den Benachteiligten.
Solche Regelungen sollten nicht nur für Arbeitsverhältnisse gelten, sondern z.B. auch für Mietverhältnisse oder hinsichtlich denjenigen, die der Allgemeinheit gegen Entgelt die vorübergehende Benutzung von Einrichtungen und/oder Dienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel Gastwirte. Darüber hinaus sollte der Umfang des Scha-densersatzanspruches über den Vertrauensschaden hinaus gehen und auch imma-teriellen Schadensersatz, zum Beispiel wegen der Verletzung des allgemeinen Per-sönlichkeitsrechts, gewähren.
Die Beweislast dafür, daß keine Diskriminierung vorliegt, müßte bei dem Beklagten liegen.
Darüber hinaus ist ein Anspruch auf Schadensersatz bei den diskriminierenden Stel-len zu erheben.
Förderung der Einstellung der Einwanderer im öffentlichen Dienst und im pri-vaten Sektor
Migranten sind insbesondere im mittleren, gehobenen und höheren Bereich des öf-fentlichen Dienstes kaum repräsentiert, obwohl hierfür zahlreiche qualifizierte Perso-nen vorhanden wären. (Die nichtdeutsche Bevölkerung Hamburgs beispielsweise war im öffentlichen Dienst 1994 mit 0,7 % im Vergleich zu ihrem Anteil an der Ge-samtbevölkerung von 15% drastisch unterrepräsentiert). Um diese große Diskre-panz zumindest zu mildern, müßte den nichtdeutschen Bewerbern bei gleicher Quali-fikation Vorrang eingeräumt werden. Diese Politik wird beispielsweise in Birmingham seit Jahren konsequent verfolgt, so daß sich der Anteil der Migrantenbevölkerung im öffentlichen Dienst nunmehr ihrem Anteil an der Wohnbevölkerung angenähert hat. Daneben sollten entsprechend den Gleichstellungsbeauftragten für Frauen ‚Antidis-kriminierungsbeauftragte‘ im öffentlichen Dienst sowie in mittleren und größeren Un-ternehmen eingerichtet werden.
Maßnahmen im Bildungsbereich
In den Schulen und Hochschulen sollte das Lehrmaterial auf diskriminierende Inhalte untersucht und die Lehrstoffe dahingehend ergänzt werden, daß sie zu mehr Tole-ranz, zu einem offenen Dialog und zu größerer Akzeptanz gegenüber kulturellen Minderheiten beizutragen.
Das Erlernen der Muttersprache in der Schule müßte gefördert werden. Unter ande-rem sollte Türkisch als die nach Deutsch am meisten gesprochene Muttersprache als eine der Fremdsprachen anerkannt und gefördert werden.
Vertretung in Institutionen wie Rundfunkräten
Die Interessenverbände der Migranten sollten in Institutionen wie Rundfunk- und Fernsehräten vertreten sein, damit die Einwanderer auch Einfluß auf Programme und Sendungen nehmen können.
Verbot von Diskriminierung im Dienstleistungssektor
Diskotheken, Restaurants, Versicherungen etc., die nichtdeutsche Menschen wegen ihrer Nationalität oder Hautfarbe nicht bedienen, müßten mit Sanktionen rechnen. So werden in den Niederlanden Restaurants und Diskotheken geschlossen, die Migran-ten nicht bedienen wollten.
Beschwerdestellen
Wie etwa in den Niederlanden und in Schweden sollten auch in Deutschland Be-schwerdestellen eingerichtet werden, die als Schlichtungsstellen tätig sind und denen ein Klagebefugnis eingeräumt ist. Sie sollten die Erfolge der positiven Aktion im öf-fentlichen Dienst und in privaten Unternehmen überwachen und beispielsweise prüfen, ob die Voraussetzungen für die Vergabe von Subventionen und Aufträgen vor-liegen.
Strafrechtliche Sanktionen bei Diskriminierungen
Hinsichtlich einer strafrechtlichen Sanktionierung von Diskriminierungen kommt einer Strafverschärfung bestehender Vorschriften einerseits und der Einführung neuer Normen andererseits große Bedeutung zu.
Straftaten mit rassistischem Hintergrund müssen härter als bisher bestraft werden, damit eine abschreckende Wirkung entsteht.
Bei den Beleidigungsdelikten sollte zudem das Antragserfordernis entfallen, wenn sie diskriminierenden Inhalts sind. Darunter fällt insbesondere die Verbreitung offensicht-lich rassistischer Propaganda unter Zuhilfenahme der Medien.
So findet sich seit 1977 in Österreich eine Bestimmung, nach der mit Geldstrafe be-legt wird, wer ‚Personen öffentlich allein aufgrund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft oder ihres religiösen Bekenntnisses ungerecht-fertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind‘.
Im Schweizerischen Strafgesetzbuch findet sich die folgende Vorschrift: ‚Wer öffent-lich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse oder ih-rer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe zu Haß oder Diskrimi-nierung aufruft, wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse oder einer ethnischen oder religiösen Gruppe gerichtet sind, wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Ge-bärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse oder ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiö-sen Gruppe in ihrer Menschenwürde angreift oder aus einem dieser Gründe das An-denken von Verstorbenen verunglimpft, wer in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse oder ihrer Zuge-hörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe eine öffentlich angebotene Leis-tung verweigert, wird mit Gefängnis oder mit Buße bestraft‘.
Auch und gerade in Deutschland wäre eine ähnliche Strafbestimmung dringend er-forderlich.