Die Fraktion Die LINKE. hat die Situation im Südkaukasus und den Berg-Karabach-Konflikt zum Gegenstand einer umfangreichen Kleinen Anfrage (BT-Drucks. 16/4949) gemacht. Erfreulicherweise hat die Bundesregierung ebenso ausführlich und meistens auch detailliert geantwortet.
Die Bundesregierung vertritt zu Recht die Position, dass die Kaukasusregion als unmittelbarer Nachbarschaftsraum der EU nachhaltig stabilisiert werden muss.
In diesem Zusammenhang kommt der friedlichen Beilegung des Karabach-Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan eine herausragende Bedeutung zu. Über eine Million aserbaidschanischer Zivilisten wurden bislang im Zuge sog. ‚ethnischer Säuberungen‘ gezielt vertrieben und zu Binnenflüchtlingen im eigenen Land gemacht. Derzeit leben immer noch ca. 20.000 Binnenvertriebene in provisorischen Flüchtlingscamps, deren Lebensbedingungen von der Bundesregierung als schlecht beurteilt werden. Die restlichen über 900.000 Vertriebenen konnten inzwischen fernab ihrer ursprünglichen Heimatregionen in festen Wohnunterkünften untergebracht werden. Die Kosten, die für Flüchtlingsprogramme von Aserbaidschan allein im Jahr 2006 verausgabt wurden, beziffert die Bundesregierung auf rund 220 Millionen US-Dollar. Der Gesamtschaden, der Aserbaidschan durch den vorangegangenen Krieg entstanden ist, beträgt rund 60 Milliarden US-Dollar.
DIE LINKE. begrüßt die Position der Bundesregierung, den von den Karabacharmeniern eingeschlagenen Weg, über ein Verfassungsreferendum die Lostrennung von Aserbaidschan zu erreichen, abzulehnen. DIE LINKE. unterstützt den Ansatz der Bundesregierung, dass sie weder das vor einigen Monaten durchgeführte ‚Verfassungsreferendum‘, noch einen eventuellen unabhängigen Armenierstaat ‚Berg-Karabach‘ anerkennen wird.
DIE LINKE. fordert den bedingungslosen Abzug der Besatzungstruppen Armeniens und die Wiederherstellung der vollen territorialstaatlichen Integrität Aserbaidschans als unverzichtbare Voraussetzung für eine friedliche Konfliktlösung. Eine erneute Eskalation des Konflikts würde die gesamte Kaukasusregion destabilisieren und die ohnehin schwierige humanitäre Lage weiter verschärfen.
DIE LINKE. erwartet von der Bundesregierung eine EU-Nachbarschaftspolitik für die Kaukasusregion, die eine Lösung der regionalen Konflikte ermöglicht. Eine nachhaltige Konfliktlösungsstrategie verlangt, dass die geostrategischen Interessen der verschiedenen Akteure innerhalb der EU nicht in den Mittelpunkt der Politik treten dürfen. Forderungen nach einer Entmilitarisierung der Region und die Durchsetzung eines regionalen Friedensplanes müssen in den Mittelpunkt der Hilfen durch die EU rücken.
Wir appellieren deshalb an die Bundesregierung, die Mitgliedschaft Deutschlands in der OSZE Minsk-Gruppe zu nutzen, um eine drohende militärische Konfrontation abzuwenden und sich im Rahmen einer friedlichen Konfliktlösung insbesondere für das uneingeschränkte Rückkehrrecht aller Flüchtlinge und Binnenvertriebenen einzusetzen.
Dr. Diether Dehm
Prof. Dr. Hakkı Keskin