Rede im Deutschen Bundestag zum Antrag von CDU/CSU und SPD und zum Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Nach der FDP und der Linken haben nun auch die Koalitionsfraktionen und die Grünen darüber nachgedacht, wie Frieden und Stabilität im Südkaukasus gefördert werden können. Leider bleiben jedoch der Koalitionsantrag, aber auch der Antrag der Grünen in einigen wesentlichen Punkten zu vage und unzureichend.
Wie ist die Situation? Infolge des georgisch-russischen Krieges im August 2008 sind Abchasien und Südossetien von Russland und Nicaragua als unabhängige Staaten anerkannt worden. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass der Westen mit der Anerkennung des Kosovo möglicherweise eine entsprechende Vorlage für dieses Vorgehen geliefert hat.
Fakt ist: Georgien wurde vor allem von den USA massiv aufgerüstet und mit einer NATO-Beitrittsperspektive versehen, um die militärische Einkreisung Russlands fortzusetzen. Diese Politik der Bush-Administration war und bleibt falsch, da sie den Geist des kalten Krieges atmet. Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass die Koalitionsfraktionen am NATO-Beitritt Georgiens festhalten wollen. Dabei mehren sich selbst in den USA in der neuen Administration unter Obama kritische Stimmen, die für ein Umdenken plädieren.
Die Linke empfiehlt die kooperative Einbindung Russlands in eine europäische Sicherheitspolitik ich bin davon überzeugt, dass eine solche neue Strategie gerade für die Sicherheit Westeuropas von sehr großer Bedeutung ist und darüber hinaus den Verzicht auf die Aufnahme Georgiens in die NATO. Radikale Abrüstungsvorschläge hat neuerdings auch Obama gemacht. Zuvor hat sich auch Russland für radikale Abrüstungsvorschläge ausgesprochen. In diesem Sinne sollten wir unsere Bemühungen fortsetzen, um den Aufbau eines neuen regionalen Sicherheitssystems im Südkaukasus zu ermöglichen.
Dies ist dringend notwendig, auch um einen erneuten Ausbruch des ungelösten Berg-Karabach-Konflikts zu verhindern, wie die vorangegangenen Redner zu Recht unterstrichen haben. Die Moskauer Erklärung der Präsidenten Armeniens, Aserbaidschans und Russlands über einen Gewaltverzicht ist ein wichtiges Signal, das unterstützt werden sollte.
Der Berg-Karabach-Konflikt muss, bevor es zu einer neuerlichen Eskalation kommt, friedlich und nach völkerrechtlichen Prinzipien beigelegt werden. Meine Kollegen Markus Meckel und Herr Lintner haben sich hierzu schon geäußert. Übrigens bemüht sich diesbezüglich auch die Türkei um die Entschärfung dieser Konfliktlage und um eine friedliche Lösung dieses Problems.
Wir schlagen Folgendes vor. Erstens. Zwischen den Konfliktparteien müssen vertrauensbildende Maßnahmen vereinbart werden. Zweitens. Die armenischen Truppen müssen aus den besetzten Gebieten um Berg-Karabach schnellstmöglich und vollständig abgezogen werden. Es wurde hier schon gesagt, dass immerhin rund 20 Prozent des Territoriums Aserbaidschans von Armenien besetzt sind. Im Gegenzug muss es Sicherheitsgarantien der OSZE geben, damit die über 1 Million Flüchtlinge beider Seiten in ihre Heimatorte zurückkehren können. Drittens muss Berg-Karabach ein Höchstmaß an Autonomie unter Wahrung der territorialen Integrität Aserbaidschans gewährt werden. Alternativ dazu wären auch einvernehmliche Gebietsaustausche möglich.
Das Ziel müsste sein, einen dauerhaften Frieden zwischen den beiden Kulturnationen Armenien und Aserbaidschan zu ermöglichen. Dies würde zur Entspannung nicht nur in dieser Region, sondern darüber hinaus auch in der Welt beitragen. Ich danke Ihnen.