in: Migration und Soziale Arbeit,Frankfurt 3/4 2001
Mit Interesse haben wir auf die gemeinsame Stellungnahme der Unionsparteien am 10.Mai 2001 gewartet. In der Hoffnung, nunmehr könnte ein Konsens unter den im Parlament vertretenen Parteien in Fragen von Zuwanderung, Asyl und Integration, also in der Migrationspolitik, näher rücken. Dieses Thema verträgt keine polarisierende Auseinandersetzung aus parteipolitischem Kalkül. Insbesondere in den Skandinavischen Ländern gehört es zu Recht zur guten Tradition, die migrationspolitischen Entscheidungen unter den demokratischen Parteien nicht zu Lasten der kulturellen Minderheiten auszutragen. Wer aber das von den beiden Vorsitzenden der CDU und CSU gemeinsam vorgestellte Positionspapier aufmerksam liest, wird in seiner Erwartung sehr enttäuscht sein. Das Papier trägt deutlich den Stempel der Hardliner in der CSU. Die Unionsparteien beharren auf ihrem bekanntermaßen integrationsfeindlichen und die Migranten für wahltaktische Manöver instrumentalisierenden Kurs. Mit den in sich widersprüchlichen Aussagen versuchen sie, das Dilemma, in dem sie sich aufgrund der Ablehnung einer bereits vollzogenen Entwicklung befinden, zu vertuschen.
- Sie negieren weiterhin die Tatsache, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. ‚Deutschland ist kein klassisches Einwanderungsland und kann es auf Grund seiner historischen, geographischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten auch nicht werden‘. Ist nun Deutschland mit rund 7,3 Millionen Nichtdeutschen, das sind 9 Prozent der Gesamtbevölkerung, ein Einwanderungsland oder nicht? Mit dem Adjektiv ‚klassisch‘ soll sich offenbar, ganz im Gegensatz zu neuerlichen Tendenzen in der CDU, um eine klare Aussage gedrückt werden
- Bei dieser Auseinandersetzung geht es aber nicht nur um den Begriff ‚Einwande-rungsland‘, sondern zugleich um die damit verbundenen Inhalte der ausländerpo-litischen Orientierung. Die Anerkennung des Einwanderungsstatus für die Migran-ten würde nämlich eine große Debatte über Themen wie Aufenthaltsdauer, Blei-berechte und weitere Maßnahmen in allen Bereichen der Gesellschaft und Politik lostreten. Nach dieser Debatte wäre es nicht mehr möglich, die nichtdeutsche Wohnbevölkerung weiterhin als Provisorium darzustellen. Einwanderer sind keine Ausländer mehr, sonder fester Bestandteil dieser Gesellschaft. Die Unionspartei-en beweisen mit ihren schwammigen Aussagen zum Thema Einwanderung, dass sie gern auch weiterhin an dem ‚Gaststatus‘ dieser Bevölkerungsgruppe, und das heißt an dem vorübergehenden Charakter der hier lebenden Nichtdeutschen fest-halten wollen.
Der nicht selten von Politikern ausgesprochene Satz: ‚Wer gegen das Gastrecht verstößt, der hat hier nichts zu suchen‘, bringt genau diesen Kerngedanken zum Ausdruck. Wer solches leichtfertig dahinsagt, verhindert aber eine echte Integration. Ohne eine klare Perspektive, ohne das Gefühl, selbstverständlicher Teil der deut-schen Gesellschaft zu sein, können sich die Einwanderer nicht von dem Gefühl be-freien, sie seien hier lediglich geduldet, sie gehörten nicht zu dieser Gesellschaft, sie seien eben ’nur‘ Ausländer mit minderen Rechten. Das Paradoxe aber ist, dass gerade diejenigen, die mit ihrer Ausländerpolitik die In-tegration verhindern oder zumindest erschweren, den Migranten dauernd fehlende Integrationsbereitschaft vorwerfen, ja sogar die Fähigkeit dazu absprechen.
- Durch falsche Auslegung statistischer Angaben werden erneut Ängste geschürt. Beim Ausländeranteil nehme ‚die Bundesrepublik Deutschland den Spitzenplatz unter den großen westlichen Industrienationen‘ ein, wird im Positionspapier be-hauptet. Hier wird der Leser doppelt manipuliert. Bekanntlich haben die ‚kleinen‘ Länder Schweiz, Belgien und Luxemburg einen deutlich höheren Ausländeranteil. Aber selbst in den großen europäischen Industrienationen Frankreich und Groß-britannien leben weit mehr Menschen fremder Herkunft, wenn die bereits durch Geburt und den einfacheren Erwerb der Staatsbürgerschaft Eingebürgerten mit-gezählt würden, wie dies ja in Deutschland der Fall ist. Das verwendete Zahlen-werk spiegelt also keineswegs die Realität wieder, die Zahlen werden so zurecht-gerückt, wie sie in die Argumentationskette der Union passen. Ein Beispiel: Schweden hatte 1996 einen Einwandereranteil von 13,6 Prozent. Über die Hälfte von ihnen, nämlich 56 Prozent, sind aber bereits eingebürgert und tauchen in der Statistik nicht als Ausländer auf. Zählt man lediglich die nicht eingebürgerten, so beträgt der Ausländeranteil 5,9 Prozent. Demnach kann zwar rein statistisch ge-sagt werden, dass der Anteil des Ausländer in Deutschland höher ist als in Schweden, inhaltlich ist dies aber falsch. Ähnlich sieht es in Großbritannien und Frankreich aus. Mit solchen unwahren Behauptungen wird seit Jahren Ausländerpolitik gemacht.
- Im gleichen Atemzug wird auf den dramatischen Geburtenrückgang und eine Ü-beralterung der Bevölkerung verwiesen, die eine jährliche Zuwanderung erforderlich mache. Nach Deutschland dürfen jedoch nur diejenigen kommen, die ‚hoch-qualifizierte Fach- und Führungskräfte oder Investoren‘ sind. Die Festung Europa soll gegenüber den wirtschaftlich Unerwünschten noch rigider abgeschottet wer-den. Der gesamte Weltmarkt soll jedoch im Zuge der Globalisierung deutschen und europäischen Produkten und Kapitalen offen und zu Diensten stehen. Dies sind Vorstellungen, welche die ungerechte Konzentration des Reichtums auf we-nige Staaten und damit die Polarisierung zwischen Arm und Reich weiter verschärfen und dadurch Flucht und Zuwanderung weltweit verstärken werden.
Die Ausländerpolitik der Unionsparteien kennt leider seit Jahrzehnten nur Restriktionen. Außer seltenen Lippenbekenntnisse zur Integration sind konkrete Integrations-maßnahmen und -hilfen weder in ihrer Regierungszeit noch in der Opposition zu hö-ren oder zu lesen gewesen. Weitere Beispiele aus dem Positionspapier von CDU und CSU:
- Erneut ist vom Asylmißbrauch und von der Notwendigkeit zur Überprüfung die Rede wie z.B. ‚das Grundrecht auf Asyl nach Art.16 a in eine institutionelle Ga-rantie umgewandelt werden kann‘.
- Der durch Grundgesetz Art. 6 gewährleistete Familiennachzug soll weiter er-schwert werden. Einerseits soll bereits vor der Einreise ‚das Vorliegen von zu-mindest Grundkenntnissen der deutschen Sprache‘ überprüft, auf der anderen Seite ‚das Nachzugsalter für Kinder von derzeit 16 auf künftig 10 Jahre oder jünger‘ abgesenkt werden. Da aber die EU-Komisssion die bereits bestehenden Regelungen zugunsten des Familiennachzug verbessern will, darf Deutschland ‚die bisher in diesem Bereich vorliegenden Vorschläge der EU-Komission so nicht akzeptieren.‘
- Selbst die in ihren Wesensgehalt unantastbaren Grundrechte, die selbstverständ-lich auch für Migranten gelten, wollen die Unionsparteien nach Möglichkeit be-schneiden.
- Die Leitkultur wird, allerdings ohne diesen Begriff hier zu verwenden, in einer Mogelpackung vom Neuem serviert und sogar zur Voraussetzung der Integrations-politik erklärt. ‚Vor allem die Zuwanderer sind verpflichtet, sich aktiv um die Ein-ordnung und Teilnahme am Zusammenleben in der Bundesrepublik Deutschland zu bemühen. Integration bedeutet deshalb mehr als die deutsche Sprache zu be-herrschen und unsere Rechtsordnung anzuerkennen (…). Dies bedeutet, dass die Werteordnung unserer christlich-abendländischen Kultur, die vom Christen-tum, antiker Philosophie, Humanismus, römischem Recht und der Aufklärung geprägt wurde, akzeptiert wird. Das heißt nicht Aufgabe der eigenen kulturellen und religiösen Prägung, aber Bejahung und Einordnung in den bei uns für das Zu-sammenleben geltenden Werte und Ordnungsrahmen.‘ Was hier von den kultu-rellen Minderheiten erwartet wird, ist keine Integration mehr sondern eine reine Assimilation. Das Akzeptieren der christlich-abendländischer Kultur und die Einordnung in diese, womit offensichtlich die Unterwerfung unter ihr Wertesystem gemeint ist, will insbesondere für Nichtchristen für eigene Kultur und religiöse Überzeugungen keinen Bewegungsraum mehr zulassen.
- Die sogenannten Deutsch- und Integrationskurse sollen grundsätzlich obligato-risch sein und Zuwanderer bei Nichtteilnahme mit Sanktionen belegt werden. Die Kosten sollen bei entsprechender Leistungsfähigkeit grundsätzlich durch den Zuwanderer selbst getragen werden.
- Integrationskurse, bei denen neben der deutschen Sprache auch Grundkenntnisse der Rechts-, und Gesellschaftsordnung sowie des politischen und Arbeitslebens erlernt werden soll, sind insbesondere für die Neukömlinge durchaus zu be-grüßen. Sie hätten, wie in Schweden bereits bei der Anwerbung der sogenannten Gastarbeiter in den 50er und 60er Jahren angeboten werden sollen. Schweden hatte die Unternehmer schon damals verpflichtet, den Einwanderern in den ers-ten drei Jahren während der Arbeitszeit 500 Stunden Schwedischunterricht zu gewähren. Der Staat stellte die Lehrkräfte und Lehrmaterialien bereit. So hat der größte Teil der Einwanderer Grundkenntnisse in der schwedischen Sprache er-worben. Als ich vor 20 Jahren diesen Vorschlag in Berlin machte, bin ich ausgelacht worden.
Deutschland hat mit den Aussiedlern ein noch wirksameres Modell praktiziert: Sie erhielten auf Staatskosten zunächst für 18 Monate, in der letzten Zeit nur noch für die Dauer von 12 Monaten Deutsch- und Integrationskurse.
Solche Angebote sind den Angeworbenen und ihrer nachgezogenen Familienan-gehörigen leider nie gemacht worden. Heute werden die Einwanderer der ersten und zweiten Generation ganz allein für ihre ungenügenden Deutschkenntnisse verantwortlich gemacht, und zwar zuerst von denen, die damals ausschließlich an der maximalen Nutzung allein ihrer Arbeitskraft interessiert waren.
Die Niederlande praktizieren heute ein beispielhaftes Integrationsmodell, welches sich auch Deutschland zum Vorbild nehmen könnte. Unser Land sollte nicht nur im technologischen Bereich, sondern auch in Fragen der Sozial- und Migrationspolitik die guten Ideen der Nachbarländer übernehmen.
Das Positionspapier der Unionsparteien zeigt wenig neue Ansätze, es wird ganz im Gegenteil immer wieder versucht, die Migranten durch Androhung repressiver Maß-nahmen zur Anpassung zu bewegen. Diese Politik ist zum Scheitern verurteilt. Sank-tionen und Zwangsmaßnahme erzeugen sehr oft das Gegenteil von dem, was man zu erreichen gedenkt. Sie führen nicht zu einem echten Miteinander, sondern zu Ab-sonderung und Abkapselung, zu Trotzreaktionen und allzu oft auch zu einer Ghettobildung.
Vor knapp 22 Jahren, im September 1979, hatte der erste Ausländerbeauftragte der Bundesrepublik Deutschland, Ministerpräsident a. D. Heinz Kühn, sein berühmtes Memorandum zur Integrationspolitik vorgelegt. Dies wäre eine lehrreiche Lektüre für alle Politikerinnen und Politiker, vor allem der aus den Unionsparteien gewesen. Kühn schlug unter anderem folgende Maßnahmen als dringlich vor:
- Anerkennung der faktisch vollzogenen und nicht mehr umkehrbaren Einwande-rung,
- Korrektur der bis dahin rein arbeitsmarktpolitisch geprägten Maßnahmen zu Gunsten der gesellschaftspolitisch notwendigen Gegebenheiten und Erfordernis-se,
- Intensivierung der Integrationsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche in der Vorschule, Schule und beruflichen Bildung,
- Optionsrecht der in der Bundesrepublik geborenen und aufgewachsenen Jugend-lichen auf Einbürgerung,
- Generelle Überprüfung des Ausländerrechts und Einbürgerungsverfahrens mit dem Ziel größerer Rechtssicherheit und stärkerer Berücksichtigung der Interes-sen von Ausländern,
- Einführung des kommunalen Wahlrechts,
- Ausdehnung der sozialen Beratung.
‚In Anbetracht der bisherigen negativen Entwicklung kann nur noch eine konsequen-te Integrationspolitik größeren individuellen und gesamtgesellschaftlichen Schaden verhindern. Im Ergebnis schließt dies die volle rechtliche und tatsächliche Gleichstel-lung des integrationsbereiten Teiles der Betroffenen ein, da eine ganze Bevölke-rungsgruppe auf Dauer nicht in einem Sonderstatus belassen werden kann.‘
Das sind nur einige der Vorschläge eines langgedienten Politikers zur Integrationspolitik vor 22 Jahren. Liest man heute das Positionspapier der Unionsparteien, so werden außer den mit Sanktionen belegten Integrationskursen ausschließlich restrik-tive Maßnahmen vorgesehen. Haben nur die Migranten eine Bringschuld für die In-tegration? Hat nicht auch der Staat Verpflichtungen gegenüber den Menschen, die er zum Wohle seiner Wirtschaft vor Jahren ins Land holte? Haben die hier seit Jahr-zehnten lebenden und in zweiter, dritter und bald vierter Generation geborenen und aufgewachsenen Menschen, die volle rechtliche Gleichstellung und die tatsächliche Gleichbehandlung erfahren, wie Heinz Kühn dies forderte? Leben nicht diese Menschen heute noch mit einem Ausländersonderrecht, also mit minderen Rechten und weitgehend ohne Möglichkeiten zur politischen Partizipation? Sind die Defizite in der Vorschule, Schule und beruflichen Bildung für die Kinder und Jugendlichen der Einwanderer durch entsprechende Fördermaßnahmen auch nur annähernd beseitigt?
Selbst für die höhere Arbeitslosigkeit und den damit einhergehenden Sozialhilfebezug werden die Nichtdeutschen von den Unionsparteien in ihrem Papier verantwort-lich gemacht, als ob diese Menschen nicht arbeiten und von Sozialhilfe leben möch-ten. Als ob die ausländerrechtlichen Benachteiligungen und Arbeitsverbote für Asyl-bewerber hierbei gar keine Rolle spielten. Und als ob die Beseitigung oder Bekämp-fung der Arbeitslosigkeit nicht die zentrale Aufgabe des Staates wäre. Grundelemente einer visionären Integrationspolitik
Deutschland braucht ein völlig neues Verständnis seiner Zuwanderungs- und Integ-rationspolitik, das auf folgender Grundorientierung basiert. Deutschland ist längst unumkehrbar ein Einwanderungsland und eine multikulturelle Gesellschaft geworden. Die in Deutschland niedergelassenen Einwanderer und ihre Familien sind weder Gäste noch Ausländer auch nicht ausländische Mitbürger. Es ist an der Zeit, den absondernden und oft diffamierenden Begriff ‚Ausländer‘ für die hier dauerhaft lebenden Immigranten nicht mehr zu verwenden. Sie sind Deutschtürken, Deutschitaliener, Deutschgriechen, Deutschspanier. Sie sind die neuen ‚kulturellen Minder-heiten‘ Deutschlands.
Die Eingewanderten und ihre Kinder und Enkel sind ein fester Bestandteil der deut-schen Gesellschaft. Deutschland ist auch ihre Heimat. Diesen Menschen eine gleichberechtigte Aufnahme in die Gesellschaft zu ermöglichen, ist die Grundvoraus-setzung der Integration und die primäre Aufgabe der Politik.
Das neue Staatsangehörigkeitsrecht hat mit der Einführung des Territorialprinzip für in Deutschland geborene Kinder einen sehr wichtigen Schritt getan. Für die ganz überwiegende Mehrheit von Angehörigen der kulturellen Minderheiten, vor allem für die Türken, wurden die Einbürgerungskriterien allerdings erschwert. Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts bedarf einer weiteren Reform.
Deutschland braucht dringend ein Antidiskriminierungsgesetz, ähnlich wie in vielen Nachbarländern, um Rassismus, Antisemitismus und Ausländerhass wirkungsvoll bekämpfen und Benachteiligungen der kulturellen Minderheiten schrittweise aufhe-ben zu können. Die von der EU beschlossene Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur ‚Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft‘ muss konsequent und ohne Aus-schöpfung der Dreijahresfrist in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
Deutschland ist unumkehrbar eine multikulturelle Gesellschaft. Die kulturelle Vielfalt ist die Zukunft und eine Bereicherung für Deutschland. Die kulturellen Minderheiten bilden eine Brücke zwischen ihren Herkunftsländern und Deutschland. Diese Men-schen machen Deutschland in bezug auf Sprache, Musik, Literatur, Kunst, Sport, Religion, auf unterschiedliche Lebensweise und nicht zuletzt in der Gastronomie bunter, reicher und attraktiver. Dieser Reichtum verdient gefördert zu werden:
Kindergärten, Schulen, Hochschulen sind die besten Orte dieser lebendigen und dynamischen kulturellen Vielfalt. Diese Orte können mit einem seit Jahren von Wissenschaftlern geforderten ‚interkulturellen Ansatz‘ im Erziehungs- und Bildungsbe-reich für alle Kinder zu Laboratorien der sprachlichen Vielfalt, des gegenseitigen Verstehens und Lernens, der Toleranz, der Dialogfähigkeit, der Verständigung und des Abbaus von Vorurteilen gemacht werden. Die Förderung dieses interkulturellen Ansatzes ist das beste Bollwerk gegen rechtsradikale und neonazistische Ideen und damit gegen die von der rechten Szene ausgehende Gewalt.
Einwanderung darf nicht wie bisher als eine Sicherheits- und Wohlfahrstaufgabe betrachtet werden. Daher sollte sie aus dem Bereich der Innenministerien abgekoppelt werden. Eine neue Einwanderungs- und Integrationspolitik bedarf neuer Strukturen. Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene sowie in den Kommunen muss dies als Querschnittsaufgabe erkannt und die Zuständigkeiten gebündelt werden. Auf Bundesebene wie in den Ländern ist ein Ministerium für Einwanderung und Integra-tion wünschenswert.
Es widerspricht den Grundprinzipien einer Demokratie, vor allem einer Basisdemokratie, die Zuwanderungs- und Integrationspolitik weiterhin ohne Mitwirkung der Be-troffenen selbst zu gestalten. Deshalb sollten nach bestimmten Kriterien ausgewähl-te Migrantenorganisationen als Vertreter der jeweiligen Bevölkerungsgruppen aner-kannt, mit Kompetenzen und Mitentscheidungsmöglichkeiten in den zu schaffenden Einrichtungen ‚für Einwanderung und Integration‘ vertreten sein und institutionell ge-fördert werden. Nur so wird ein stetiger Dialog und die Einbeziehung der kulturellen Minderheiten in die sie direkt betreffenden Aufgabenbereiche gewährleistet sein. Ih-nen sollten auch bestimmte integrationspolitische Aufgaben übertragen werden. Hierbei stellen vor allem die Niederlande und Schweden mit ihren diesbezüglichen Erfahrungen positive Beispiele dar. Integrationspolitik fordert Visionen und ist nicht zum Nulltarif zu haben. Es lohnt aber, dieser Aufgabe nunmehr die Bedeutung beizumessen, die sie längst verdient.