Prof. Dr. Hakkı Keskin Politikwissenschaftler, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland
Sind die Deutschen ausländerfeindlich?
Altbundeskanzler Helmut Kohl hatte die Antwort auf diese Frage sofort parat: ‚Deutschland ist ein ausländerfreundliches Land.‘ Sicherlich sind ‚die Deutschen‘ insgesamt nicht ausländerfeindlich, aber auch nicht ausländerfreundlich. Beides wäre falsch. Es gibt aber ausländerfeindliche und ausländerfreundliche Deutsche. Wie groß die Zahl derjenigen Deutschen ist, die in aktiver oder passiver Form ausländer-feindlich im Vergleich zu den ausländerfreundlichen Deutschen sind, kann an Hand von Erhebungen, Indizien und Ereignissen nur annähernd vermutet werden.
Auch der Begriff ‚Ausländer‘ müßte differenziert bewertet werden. Selbst die aktiven Rassisten äußern sich ganz selten negativ gegenüber den sogenannten ‚privilegier-ten Ausländern‘, wie Engländern, Holländern, Dänen, Franzosen oder US-Amerikanern. Es wird selbst bei den sogenannten ‚Gastarbeitern‘ aus den ehemali-gen Hauptanwerbestaaten differenziert. Ausländerfeindlichkeit und Rassismus wer-den ungeniert gegenüber den Nichtdeutschen praktiziert, die sich aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Rasse, ihrer Kultur oder Religion und wegen ihres Aussehens von den Deutschen unterscheiden.
Die Ausländerfeindlichkeit richtet sich also gezielt gegen bestimmte Nichtdeutsche und nicht gegen die Ausländer insgesamt. Gerade deshalb hat diese Form der Aus-länderfeindlichkeit eher rassistische Züge, und gerade deshalb ist sie wesentlich ge-fährlicher.
Ausländerfeindlichkeit und Rassismus basieren auf der Anschauung einzelner, einer ‚privilegierten und überlegenen Rasse‘ oder auch einem ‚überlegenen Volk‘ anzu-gehören, welches sich von ‚minderwertigeren Menschen oder Bevölkerungsgrup-pen‘ abzuheben hat. Aus Gründen der ‚Reinheit der eigenen Rasse‘ oder der ‚Ge-fahr der Überfremdung der eigenen Gesellschaft und Kultur‘ müssen die ‚Ausländer minderen Wertes‘ nach Möglichkeit aus dem Lande verdrängt, wenn nötig sogar gewaltsam vertrieben werden. Deutsche mit einer derartigen ‚Weltanschauung‘ stel-len zwar gemessen an der Gesamtbevölkerung nur eine kleine Gruppe dar, wegen ihrer Aggressivität und Brutalität sind sie aber äußerst gefährlich.
Noch beunruhigender scheinen mir jedoch diejenigen Deutschen zu sein, die zwar möglicherweise nicht rassistisch oder gar ausländerfeindlich sind, aber aus Unwissen oder Dummheit Migranten und Flüchtlinge für viele Engpässe in der Gesellschaft verantwortlich machen. Diese werden zwar selbst nicht gewalttätig, tolerieren aber durch ihr Schweigen oder gar zustimmendes Verhalten die rassistischen und auslän-derfeindlichen Handlungen.
Die vielen Menschen, die am 23.September 1992 in Rostock, sei es als jubelnde o-der stille Zuschauer, die Gewalttäter vor einer Wohnunterkunft für Flüchtlinge unter-stützten, gehören zu dieser zweiten Kategorie. Die Trennlinie ist hier zwischen akti-ven Rassisten und passiven, gleichwohl wohlwollenden Zuschauern sicherlich sehr schmal. Dieses Verhalten kommt auch bei den Wahlergebnissen in den Bundeslän-dern zum Ausdruck. Dank ihrer Zersplitterung schaffen es die neonazistisch oder rechtsradikal orientierten Parteien zwar nur selten, in die Landtage einzuziehen, doch können diese Parteien und Gruppen insgesamt oft 6 – 8% der Stimmen für sich ver-buchen. Nach einer repräsentativen Umfrage des Instituts Forsa sprachen sich 23% der befragten Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 25 Jahren dafür aus, ‚daß Ausländer jederzeit aus Deutschland ausgewiesen werden können.‘ Laut Forsa ha-ben vor allem Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit seit 1995 in Deutschland stark zugenommen. Nach einer Befragung von 16.154 Bürgern in 15 EU-Staaten im Auftrage des Statistischen Amtes der EU bezeichneten sich Ende 1997 ein Drittel der Befragten als ‚ziemlich‘ oder gar ’sehr‘ rassistisch. ‚Die Ergebnisse für die Bun-desrepublik liegen nahe beim EU-Durchschnitt.‘.
Ausländerfeindlichkeit und Rassismus sind aber nicht nur eine Sache der rechtsradi-kalen und neonazistischen Parteien und Gruppen, die ganz offensiv gegen Nicht-deutsche und Juden vorgehen. Dies erleben die kulturellen Minderheiten in ganz un-terschiedlichen Formen.
Es gehört inzwischen zum Alltag in Deutschland, dass
- Restaurants bestimmte Ausländer nicht bedienen wollen,
- Diskotheken schwarzen oder türkischen Jugendlichen den Zutritt verwehren,
- Versicherungsgesellschaften es ablehnen, die Kraftfahrzeuge von Ausländern zu versichern,
- Betriebe in Deutschland geborene ausländische Jugendliche nicht als Lehrlinge o-der Beschäftigte einstellen und diese auch von Entlassungen am meisten betroffen sind,
- in Deutschland aufgewachsene und geborene nichtdeutsche Akademiker selten ei-nen Arbeitsplatz gemäß ihrer Qualifikation finden,
- in Wohnungsinseraten darauf verwiesen wird , man wolle nicht an Ausländer ver-mieten,
- Polizeibeamte bei Mißhandlungen von Ausländern durch Rechtsradikale wegsehen,
- rassistisch motivierte Gewalttaten wegen der Rechtslage milde bestraft werden,
- neonazistische Publikationen und Parteien Rassenhaß, Antisemitismus und Auslän-derfeindlichkeit offen schüren und somit zur Gewalt einladen,
- Neonazis in zahlreichen Gemeinden und Städten Deutschlands ungestraft ‚befreite Zonen‘ einrichten können,
- und schließlich, daß die Migranten in vielen Bereichen des politischen, sozialen, kul-turellen und wirtschaftlichen Lebens diskriminiert werden.
Diese Beispiele könnten beliebig erweitert werden. Wie lange noch will es sich der demokratische Rechtsstaat Deutschland leisten, dieser alltäglichen Diskriminierung von nichtdeutschen Menschen tatenlos zuzusehen?
Die rechtsradikale Gewalt, die sich insbesondere gegen die nichtdeutsche Bevölke-rung richtet, hat beängstigende Dimensionen angenommen. Allein in den Jahren 1991-1997 wurden laut Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz 58.125 Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund registriert. ‚Die von Rechtsextre-misten und Neonazis verübten Straftaten haben in der Geschichte der Bundesrepu-blik den bisher höchsten Stand erreicht. Mit 11.719 Straftaten nahm die Gewalt der Rechtsradikalen 1997 um 34 Prozent zu‘.
Diese aggressive Form der Ausländerfeindlichkeit wird durch eine Ausländerpolitik ermutigt, die der vollzogenen und nicht mehr umkehrbaren Einwanderung und Nie-derlassung von rund 7,5 Millionen Nichtdeutschen keine Rechnung trägt. Weder vor-her noch in der 16 Jahre währenden Ära Kohl hat es von Seiten der Regierungen ein klares Bekenntnis dazu gegeben, daß die sogenannten ‚Ausländer‘, die nach nahe-zu vierzig Jahren Einwanderung teilweise bereits in der dritten Generation hier leben, ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft geworden sind und daher als In-länder ohne deutsche Abstammung zu behandeln sind. Sie wurden und werden noch immer mit einem Sonderrecht, den minderen Rechten des Ausländergesetzes, von der deutschen Gesellschaft abgesondert und abgeschottet.
Hierzu kommt die nicht mehr zeitgemäße Auffassung über das Zusammenleben der deutschen Mehrheit mit anderen kulturellen Minderheiten.
Ein breiter Teil der deutschen Bevölkerung hat es ganz offensichtlich nicht leicht, das Anderssein der kulturellen Minderheiten als Selbstverständlich und diese Menschen als Teil der Gesamtbevölkerung so wie sie sind zu akzeptieren. Sie stehen den für sie fremden Äußerlichkeiten, Verhaltensweisen und religiös-ethischen Werteorientie-rungen der Eingewanderten kritisch bis ablehnend gegenüber. Umgang mit und Tole-ranz gegenüber dem Anderssein bedarf eines langen Prozesses und daraus resultie-rende Schwierigkeiten braucht nicht notwendig ausländerfeindlich oder rassistisch zu sein. Im Gegensatz zu Engländern, Franzosen oder Holländern haben die Deutschen keine lange Kolonialgeschichte, in der sie mit völlig fremden Kulturen, Religionen und Werteorientierungen konfrontiert waren oder sich gar an ein Zusammenleben mit Fremden gewöhnen konnten. Zwar hat Deutschland als Land in der Mitte Europas in der Geschichte immer Zuwanderer gehabt, diese aber sehr rasch assimilieren kön-nen, wie dies zuletzt mit den polnischen Einwanderern gegen Ende des 19. und zu Beginn dieses Jahrhunderts geschehen ist. Das Fremde und Anderssein erscheint den Deutschen nicht nur ungewöhnlich, sondern bedenklich und sogar manchmal gefährlich. Der Druck auf die Eingewanderten und ihrer Kinder sich anzupassen, ja sogar zu assimilieren, ist sehr stark spürbar. Diese Haltung kommt in einem Interview mit dem CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble deutlich zum Ausdruck.
Auf die Frage: ‚Deutschland hat sich verändert. Die Großstädte sehen anders aus. Wir haben türkische Geschäfte, türkische Arztpraxen, Reisebüros. Macht Ihnen das Angst?‘ lautete seine Antwort:
‚Das Wort Angst soll man in der Politik möglichst vermeiden. Es ist Anlaß zur Sorge. Wir müssen darauf achten, daß Integration noch möglich bleibt. Ein Übermaß an Fremdheit wird die Kräfte der Mäßigung nicht stärken. Ich will nicht lauter Minderhei-ten in Deutschland.‘ Mit der Integration ist hier eigentlich die Assimilation gemeint, und das ist auch von vielen Politikerinnen und Politikern wie von vielen Menschen gewollt.
Selbst Schäuble, einer der angesehensten Politiker Deutschlands, hat demnach er-hebliche Probleme im Umgang mit und bei der Akzeptanz der Realität. Jeder vierte Bewohner von Frankfurt, Stuttgart und München und jeder fünfte von Köln, Düssel-dorf, Ludwigshafen und Hamburg ist heute nichtdeutscher Herkunft. Und dies nicht provisorisch, sondern dauerhaft. Dies ist nicht nur in den deutschen Städten so, son-dern in fast allen Industriemetropolen überall auf der Erde. In der Vergangenheit hat es höchst selten ethnisch und kulturell homogenen Gesellschaften gegeben, und dies wird in einer globalisierten Welt erst recht nicht mehr der Fall sein. Daher ist Multikulturalität nicht als Ideologie oder Schlagwort, sondern als eine selbstverständ-liche Realität unserer Epoche zu verstehen.
Die große Mehrheit der Deutschen hat das Zusammenleben mit Menschen aus an-deren Kulturkreisen am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Stadtteil bereits als Nor-malität akzeptiert. Es sind leider oft die Politiker, die nicht aufhören, die sogenannten Ausländer immer wieder als Sündenböcke für ihre politischen Zwecke zu instrumen-talisieren.
Wir sind gefordert, das gleichberechtigte Zusammenleben zu organisieren
Die Grundvoraussetzung eines friedlichen Zusammenlebens der in Deutschland dauerhaft lebenden kulturellen Minderheiten mit der deutschen Bevölkerung ist die rechtliche, politische und soziale Gleichstellung sowie ihre Gleichbehandlung in allen Bereichen der Gesellschaft. Dies ist heute nicht gewährleistet.
Deshalb müßte die Einwandererpolitik in Deutschland auf drei Säulen basieren: 1. Der rechtlichen, sozialen und politischen Gleichstellung. Dazu zählen:-Der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft, um allen in Deutschland dauer-haft lebenden Nichtdeutschen volle staatsbürgerliche Rechte zu ermöglichen. -Die in Deutschland geborenen Kinder der hier lebenden Immigranten erhalten durch Geburt automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, -alle rechtmäßig seit 8 Jahren in Deutschland lebenden Nichtdeutschen haben Anspruch auf den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft, ohne die erzwunge-ne Aufgabe ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit (Doppelte Staatsbürgerschaft). -Die Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Regierung mit dem Ziel, das Staats-bürgerschaftsrecht zu reformieren, müßte konsequent und rasch umgesetzt wer-den.
2. Der interkulturelle Dialog:-Hierfür ist insbesondere eine interkulturelle Erziehung und Ausbildung im Vor-schul-, Schul- und Hochschulbereich erforderlich. Ein interkultureller Dialog ist aber auch im Bereich der Medien, sowie im Wohn- und Arbeitsleben unverzicht-bar.
3. Die rechtliche Gleichbehandlung:-Um dies für alle Immigranten und ihre Kinder zu ermöglichen, ist ein Gesamtpa-ket von Antidiskriminierungsmaßnahmen erforderlich.
Bei der Gleichbehandlung der nichtdeutschen Bevölkerung geht es vor allem um dringend erforderliche Maßnahmen, um einerseits der Diskriminierung der kulturellen Minderheiten entgegenzuwirken, andererseits geht es auch darum, eine gezielte Förderung aller Benachteiligten in dieser Gesellschaft zu ermöglichen.
Deshalb braucht auch Deutschland ein Antidiskriminierungsgesetz (ADG), ähnlich wie es bereits u.a. die USA, Kanada, die Niederlande, Großbritannien oder Schwe-den haben.
Deutschland hat zahlreiche völkerrechtliche Abkommen unterzeichnet, die den Schutz vor Diskriminierung zum Inhalt haben. Die aus diesen internationalen Verträ-gen resultierenden völkerrechtlichen Verpflichtungen müssen vom Gesetzgeber be-achtet und entsprechend dem Grundsatz der völkerrechtskonformen Auslegung bei der Interpretation des Rechts berücksichtigt werden.
Viele Länder haben bereits in den vergangenen Jahren im Geiste dieser völkerrecht-lichen Abkommen eigene nationale Gesetze verabschiedet mit dem Ziel, einerseits die Diskriminierung von ethnisch-kulturellen Minderheiten zu beheben, andererseits aber auch mit ‚positiver Diskriminierung‘ die vorhandenen Benachteiligungen der Migranten mit Fördermaßnahmen schrittweise zu beheben, um deren Gleichstellung zu erreichen.
Als Beispiel können hierbei die Maßnahmen folgender Länder für Gleichstellung, Nichtdiskriminierung und Förderung bei Benachteiligung dienen:-‚Positive Aktion‘: Gezielte Förderung der benachteiligten Minderheit mit dem Ziel der Chancengleichheit, wie in Großbritannien und den Niederlanden. -‚Positive Diskriminierung‘: Gesetzliche Maßnahmen, die benachteiligte Minderheit gegenüber der Mehrheit solange in bestimmten Grenzen zu bevorzugen, bis Gleich-heit erreicht ist, wie in den USA und Kanada. -Weitgehende strafrechtliche Sanktionen gegen Diskriminierung, wie in den Nieder-landen, der Schweiz, den USA, Kanada und Großbritannien. -Weitgehender zivilrechtlicher Schutz vor Diskriminierung durch Einräumung von An-sprüchen auf Schadensersatz für materielle und immaterielle Diskriminierung, wie in den Niederlanden, Großbritannien, den USA und Kanada. -Einrichtung von Beschwerdestellen zur Abwehr und Beseitigung diskriminierender Maßnahmen, wie in den Niederlanden, Großbritannien, den USA und Kanada. -Bindung staatlicher Subventionen und Aufträge für private Unternehmen an die Ein-haltung der Ziele der Gleichstellung und Gleichbehandlung, wie in den USA, Großbri-tannien und den Niederlanden. Deutschland könnte an Hand der Erfahrungen mit den Gesetzen der oben genannten Länder ein Antidiskriminierungsgesetz verabschieden, welches folgende Bereiche erfassen sollte:
Abbau gesetzlicher Diskriminierung Eine Reihe von Gesetzen in verschiedenen Bereichen enthalten Diskriminierungen von Migranten und ihren Familienangehörigen, die sich seit längerer Zeit rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Diese sind abzuschaffen. Einige wenige Beispiele:
- Das BSHG (§ 120) reduziert den Sozialhilfeanspruch von Drittstaatenangehörigen gegenüber Deutschen und Bürgern aus EU-Ländern.
- Das Ausländergesetz (§ 46) nennt einzelne Ausweisungsgründe, darunter auch die Inanspruchnahme von Sozialhilfe,
- Das Hochschulrahmengesetz (§ 27) beschränkt den Zulassungsanspruch auf Deut-sche und EU-Inländer.
Benachteiligungsverbote
Benachteiligungsverbote sind Vorschriften des Zivilrechts, die es etwa dem Arbeitge-ber verbieten, Nichtdeutsche zu benachteiligen.
Untersuchungen zeigen, daß die nichtdeutschen Arbeitnehmer am Arbeitsplatz wie auch bei Bewerbungen diskriminiert werden .
Hierbei könnte an § 611a BGB aus dem Arbeitsrecht angeknüpft werden. Diese Vor-schrift verbietet es derzeit dem Arbeitgeber, einen Arbeitnehmer wegen seines Ge-schlechts zu benachteiligen. Außerdem beinhaltet diese Vorschrift eine Beweislasterleichterung für den Benachteiligten.
Solche Regelungen sollten nicht nur für Arbeitsverhältnisse gelten, sondern z.B. auch für Mietverhältnisse oder hinsichtlich denjenigen, die der Allgemeinheit gegen Entgelt die vorübergehende Benutzung von Einrichtungen und/oder Dienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel Gastwirte. Darüber hinaus sollte der Umfang des Scha-densersatzanspruches über den Vertrauensschaden hinaus gehen und auch imma-teriellen Schadensersatz, zum Beispiel wegen der Verletzung des allgemeinen Per-sönlichkeitsrechts, gewähren.
Die Beweislast dafür, daß keine Diskriminierung vorliegt, müßte bei dem Beklagten liegen.
Darüber hinaus ist ein Anspruch auf Schadensersatz bei den diskriminierenden Stel-len zu erheben.
Förderung der Einstellung der Einwanderer im öffentlichen Dienst und im pri-vaten Sektor
Migranten sind insbesondere im mittleren, gehobenen und höheren Bereich des öf-fentlichen Dienstes kaum repräsentiert, obwohl hierfür zahlreiche qualifizierte Perso-nen vorhanden wären. (Die nichtdeutsche Bevölkerung Hamburgs beispielsweise war im öffentlichen Dienst 1994 mit 0,7 % im Vergleich zu ihrem Anteil an der Ge-samtbevölkerung von 15% drastisch unterrepräsentiert). Um diese große Diskre-panz zumindest zu mildern, müßte den nichtdeutschen Bewerbern bei gleicher Quali-fikation Vorrang eingeräumt werden. Diese Politik wird beispielsweise in Birmingham seit Jahren konsequent verfolgt, so daß sich der Anteil der Migrantenbevölkerung im öffentlichen Dienst nunmehr ihrem Anteil an der Wohnbevölkerung angenähert hat. Daneben sollten entsprechend den Gleichstellungsbeauftragten für Frauen ‚Antidis-kriminierungsbeauftragte‘ im öffentlichen Dienst sowie in mittleren und größeren Un-ternehmen eingerichtet werden.
Maßnahmen im Bildungsbereich
In den Schulen und Hochschulen sollte das Lehrmaterial auf diskriminierende Inhalte untersucht und die Lehrstoffe dahingehend ergänzt werden, daß sie zu mehr Tole-ranz, zu einem offenen Dialog und zu größerer Akzeptanz gegenüber kulturellen Minderheiten beizutragen.
Das Erlernen der Muttersprache in der Schule müßte gefördert werden. Unter ande-rem sollte Türkisch als die nach Deutsch am meisten gesprochene Muttersprache als eine der Fremdsprachen anerkannt und gefördert werden.
Vertretung in Institutionen wie Rundfunkräten
Die Interessenverbände der Migranten sollten in Institutionen wie Rundfunk- und Fernsehräten vertreten sein, damit die Einwanderer auch Einfluß auf Programme und Sendungen nehmen können. Verbot von Diskriminierung im Dienstleistungssektor
Diskotheken, Restaurants, Versicherungen etc., die nichtdeutsche Menschen wegen ihrer Nationalität oder Hautfarbe nicht bedienen, müßten mit Sanktionen rechnen. So werden in den Niederlanden Restaurants und Diskotheken geschlossen, die Migran-ten nicht bedienen wollten.
Beschwerdestellen
Wie etwa in den Niederlanden und in Schweden sollten auch in Deutschland Be-schwerdestellen eingerichtet werden, die als Schlichtungsstellen tätig sind und denen ein Klagebefugnis eingeräumt ist. Sie sollten die Erfolge der positiven Aktion im öf-fentlichen Dienst und in privaten Unternehmen überwachen und beispielsweise prüfen, ob die Voraussetzungen für die Vergabe von Subventionen und Aufträgen vor-liegen.
Strafrechtliche Sanktionen bei Diskriminierungen
Hinsichtlich einer strafrechtlichen Sanktionierung von Diskriminierungen kommt einer Strafverschärfung bestehender Vorschriften einerseits und der Einführung neuer Normen andererseits große Bedeutung zu.
Straftaten mit rassistischem Hintergrund müssen härter als bisher bestraft werden, damit eine abschreckende Wirkung entsteht.
Bei den Beleidigungsdelikten sollte zudem das Antragserfordernis entfallen, wenn sie diskriminierenden Inhalts sind. Darunter fällt insbesondere die Verbreitung offensicht-lich rassistischer Propaganda unter Zuhilfenahme der Medien.
So findet sich seit 1977 in Österreich eine Bestimmung, nach der mit Geldstrafe be-legt wird, wer ‚Personen öffentlich allein aufgrund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft oder ihres religiösen Bekenntnisses ungerecht-fertigt benachteiligt oder sie hindert, Orte zu betreten oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die für den allgemeinen öffentlichen Gebrauch bestimmt sind‘.
Im Schweizerischen Strafgesetzbuch findet sich die folgende Vorschrift: ‚Wer öffent-lich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse oder ih-rer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe zu Haß oder Diskrimi-nierung aufruft, wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse oder einer ethnischen oder religiösen Gruppe gerichtet sind, wer mit dem gleichen Ziel Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt, wer öffentlich durch Wort, Schrift, Bild, Ge-bärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse oder ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder religiö-sen Gruppe in ihrer Menschenwürde angreift oder aus einem dieser Gründe das An-denken von Verstorbenen verunglimpft, wer in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse oder ihrer Zuge-hörigkeit zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe eine öffentlich angebotene Leis-tung verweigert, wird mit Gefängnis oder mit Buße bestraft‘.
Auch und gerade in Deutschland wäre eine ähnliche Strafbestimmung dringend er-forderlich.