Zahlreiche Migrantenverbände und Flüchtlingsorganisationen protestieren gegen die verschärften Regeln des neuen Zuwanderungsgesetzes.
Sie kritisieren insbesondere die Bestimmungen zum Ehegatten- und Familiennachzug als verfassungswidrig und wollen diese vom Bundesverfassungsgericht überprüfen lassen.
Ich halte diesen Schritt für rechtlich zulässig und inhaltlich begründet. Der geforderte Nachweis von Deutschkenntnissen noch vor Einreise bedeutet in der Praxis, dass ein frisch vermähltes, binationales Ehepaar monatelang oder schlimmstenfalls dauerhaft getrennt leben muss, falls die teuren Sprachkurse nicht finanzierbar sind oder nicht bestanden werden. In der Türkei kostet beispielsweise ein solcher Deutschkurs umgerechnet rund 1.500 EURO, was eine enorme finanzielle Belastung darstellt. Darüber hinaus werden in den Herkunftsländern Deutschkurse meist nur in einem sehr eingeschränkten Maß und nur in wenigen Orten angeboten.
Die neuen Zuwanderungsregeln zum Ehegattennachzug kollidieren frontal mit dem grundgesetzlichen Schutz der Familie. Hinzu kommt noch eine erhebliche ethnische Diskriminierung. Ehegattennachzügler, die aus Ländern wie den EU-Staaten, den USA oder Japan stammen, für die keine Visumpflicht besteht, sind von dem Nachweis von Deutschkenntnissen ausgenommen. Dies gilt ebenfalls für bestimmte, einzelne Gruppen wie Universitätsabsolventen, Partner von Hochqualifizierten oder Firmengründer, die offenbar als wirtschaftlich besonders nützlich gelten.
Ich fordere die Bundesregierung auf, die Erschwerung des Ehegattennachzugs und die Politik der ethnischen Diskriminierung aufzugeben und durch eine verfassungskonforme Regelung zu ersetzen.
Prof. Dr. Hakkı Keskin