Erleichterte Einbürgerung als unbedingte Voraussetzung einer Verbesserung der demokratischen Partizipation von Migrantinnen und Migranten

Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats





Rede Partizipation


Sehr geehrter Herr Präsident, Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Herrn Greenway und Herrn Groß gilt mein Dank für Ihre sehr guten Berichte. In seinem Bericht zum „Zustand der Demokratie in Europa und zu den Partizipationsmöglichkeiten der Migranten“ unterstreicht Herr Greenway die Bedeutung der erleichterten Einbürgerung.

In der Tat: Ohne Staatsbürgerschaft des Einwanderungslandes haben die Migranten und ihre Nachkommen zumeist keine politischen Rechte. Sie leben als Ausländer oder als Einwanderer mit minderen Rechten. Ich rede hier nicht von Menschen, die vorübergehend in den westeuropäischen Staaten leben – ich rede hier von Millionen von Menschen die seit Jahrzehnten und dauerhaft, in zweiter, dritter, bald in vierter Generation in diesen Ländern ohne Staatsbürgerschaft der neuen Heimat leben. In Deutschland, meiner neuen Heimat, sind es 7 Millionen. Dies verstößt gegen fundamentale Prinzipien der Demokratie und des Rechtsstaats:

• Weil ein beträchtlicher Teil der Wohnbevölkerung, bis zu mehr als 30% in manchen Städten, keine politischen Rechte besitzt • Nicht einmal das kommunale Wahlrecht.

Diese Politik der Diskriminierung und Abschottung ist integrationsfeindlich. Wie können die Menschen sich zu Hause und als Angehörige der Gesellschaft fühlen, die sie ungleich behandelt und absondert, ja diskriminiert. Dem Erwerb der Staatsbürgerschaft kommt, meine Damen und Herren, eine Schlüsselrolle bei der Demokratie und vor allem auch bei der Integration zu.

Mit dem Erwerb der Staatsbürgerschaft wächst das Zugehörigkeitsgefühl, die Identifikation mit der neuen Heimat. (Fußball: Deutschland-Türkei) Daher müssen bei der Einbürgerungspolitik die Barrieren behoben werden.

• Das Haupthindernis ist die erzwungene Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft

• Die Tolerierung der Beibehaltung der alten Staatsbürgerschaft ist unumgänglich. Dies wird auch in manchen Ländern bereits praktiztiert.

Der Europarat sollte mit Nachdruck die Forderung nach erleichterter Einbürgerung unterstützen. Ja, dies in ihrer Monitoring-Arbeit berücksichtigen. Der Europarat sollte gerade bei den gereiften Demokratien Westeuropas die rechtliche, politische und soziale Gleichstellung und Gleichbehandlung zum Prüfstein der Demokratie in diesen Ländern erheben.

Ich habe in der Parlamentarischen Versammlung die Erfahrung gemacht, dass dieser Europarat mit zweierlei Maß vorgeht:

• Die Mängel an Demokratie und Menschenrechten werden insbesondere im Falle der EU-Staaten nicht genügend kritisiert und kritisch genug gewürdigt.

• Dahingegen werden die Mängel in den anderen Ländern Europas – die es ohne Zweifel gibt – ganz besonders intensiv beobachtet und kritisiert.

Es ist nicht zu akzeptieren, wenn die westeuropäischen Staaten auf die Demokratiedefizite in anderen Ländern mit dem Finger zeigen, aber selbst nicht bereit sind, ihre eigenen Defizite bei Demokratie und Menschenrechten zu beseitigen.

Herr Niessen[1] hat zurecht verlangt, gegebenenfalls mit Sanktionen vorzugehen. Dies unterstütze ich mit Nachdruck.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


[1] Direktor der Migration Policy Group und migrationspolitischer Berater des Europarates ^

Bilder:

Erleichterte Einbürgerung als unbedingte Voraussetzung einer Verbesserung der demokratischen Partizipation  von Migrantinnen und Migranten