Europäische Verfassung

Europäische Verfassung muss kultureller Vielfalt gerecht werden!

Die Forderung europäischer Volksparteien, im Entwurf für eine europäische Verfas-sung unbedingt das ‚jüdisch-christliche Erbe‘ zu erwähnen, wurde jetzt auch von den deutschen Bischöfen auf ihrer viertägigen Konferenz in Fulda erhoben.

Dass die Bischöfe damit eine Forderung des Papstes wiederholen, kann nicht über-raschen. Sie orientiert sich allerdings nicht an der europäischen Normalität. Die Staaten Europas sind entweder laizistisch oder betonen zumindest eine strikte Tren-nung von Staat und Religion. Somit wäre die explizite Erwähnung des Christentums ein Rückfall in mittelalterliche Verhältnisse. Wir sollten uns hüten, den in der europä-ischen Aufklärung gewonnen Grad an Freiheit wieder in Frage zu stellen.

Die neue Verfassung eignet sich nicht für eine historische Rückschau, sie sollte den aktuellen Gegebenheiten Rechnung tragen. Und die europäische Zivilgesellschaft ist eben nicht mehr zuförderst weltanschaulich geprägt. Ein Beharren auf eine Berufung auf christliche Religion und Kultur wäre in mehrfacher Hinsicht schädlich. Sie würde zum einen den Widerspruch von 20 Millionen Muslimen provozieren, die mittlerweile in den Staaten der EU leben, und zu einer Polarisierung führen, die ernsthaft nie-mand will, andererseits wäre damit auch eine deutliche Absage an alle Bemühungen zur Integration verbunden, würden sich doch alle Nichtchristen ausgegrenzt fühlen. Außerdem fürchten wir, dass damit ganz bewusst eine Abschottung gegenüber Staa-ten betrieben wird, die wie der Beitrittskandidat Türkei keine christliche Prägung er-fahren haben, sich aber ebenfalls Europa zugehörig fühlen.

Wir appellieren daher an alle, denen das friedliche Miteinander von Menschen unter-schiedlicher Kultur und Herkunft am Herzen liegt, den vorliegenden Entwurf für eine europäische Verfassung nicht mit weltanschaulichen Bezügen zu belasten.

Hakkı Keskin (Bundesvorsitzender)