Krisenbewältigung a la CDU-CSU

Die Unionsparteien wurden durch den Spendenskandal und den damit einher ge-henden Imageverlust ihres Altkanzlers Kohl in eine tiefe Krise gestürzt.

Bereits nach den letzten Bundestagswahlen gelang es den Unionsparteien, sich mit einer Unter-schriftenkampagne gegen die geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts aus dieser Krise zu befreien und in den Umfragen die SPD zu überflügeln. Dieser Erfolg wurde nicht zuletzt durch das Schüren von Ängsten, ja teilweise mit ausländer- und türkenfeindlichen Parolen errungen.

Ganz offensichtlich will man diese bewährte Strategie jetzt gegen die Aufnahme der Türkei in den Kreis der Erweiterungskandidaten erneut anwenden. Auch dieses Mal werden alte Vorurteile bedient: CDU und CSU schüren irrationale Ängste vor Islam und Überfremdung, indem sie der Bevölkerung mit den Einwanderern und der Türkei konkrete Synonyme für diese Ängste anbieten. Damit hofft die CDU, die deutsche Öffentlichkeit von der eigenen Krise abzulenken und erneut Punkte zu sammeln.

Die Unionsparteien sind vor allem deshalb gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei, weil sie ein islamisch geprägtes Land ist, dies wurde sowohl von Kohl als auch von Schäuble indirekt zum Ausdruck gebracht. In seiner Rede im Bundestag am 16.12.1999 fügte Herr Schäuble einen weiteren Grund hinzu, dass nämlich die Tür-kei geographisch nur zum Teil zu Europa gehöre. Wenn man hier einlenke, könne man später auch zu einer EU-Mitgliedschaft Rußlands nicht nein sagen.

Herr Schäuble vergleicht bewußt zwei Länder, die völlig unvergleichbar sind. Die Türkei ist seit 1963 mit der EU assoziiert, ist seit 1997 Mitglied der Zollunion (beide Entscheidungen wurden von unionsgeführten Regierungen getroffen!) und seit 1952 als verlässlicher NATO-Partner ‚zur Verteidigung der Sicherheit und des Wertesys-tems der westlichen Welt‘ vor allem gegen die ehemalige Sowjetunion ein allseits geschätzter Partner.

Es ist einer großen Volkspartei wie der Union unwürdig, sich durch das Schüren na-tionalistischer Gefühle und Ängste aus der Krise ziehen zu wollen, für die allein sie Verantwortung trägt.

Prof. Dr. Hakkı Keskin