neue Staatsbürgerschaftrecht

UNSER KAMPF FÜR BÜRGERRECHTE WIRD FORTGESETZT !

In der Migrantenpolitik bleibt Deutschland eines der rückständigsten Länder. Diese Tatsache findet erneut eine Bestätigung durch das neue Staatsangehörigkeitsge-setz, welches heute mit größter Wahrscheinlichkeit auch den Bundesrat passieren wird.

Seit mehr als einem Jahrzehnt wurde in den Medien, in Parteien, Kirchen und Ge-werkschaften und nicht zuletzt auch in den Parlamenten über die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts gestritten. Eines der zentralen Ziele dieser Reform sollte es sein, den mittlerweile 7,3 Mio. Menschen, die zum Teil seit 20, 30 oder gar 40 Jahren hier leben, von denen viele in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft zu erleichtern. Diese Reform sollte zum einen für die rechtliche Gleichstellung, zum anderen aber auch im wohlverstan-denen Eigeninteresse Deutschlands für eine bessere Integration dieser Bevölke-rungsgruppe in die deutsche Gesellschaft sorgen.

Manch bornierter Politiker in Deutschland will es offenbar aus kurzfristigem parteipo-litischem Interesse heraus nicht begreifen, daß eine erfolgversprechende Integrati-onspolitik nicht möglich ist, solange keine gleichberechtigte Aufnahme der zum ‚Ausländerdasein‘ herabgewürdigten Menschen erfolgt ist. Solange also die Men-schen, die integriert werden sollen, immer noch nach den Regularien des ‚Gast-rechts‘ rechtlich gesehen außerhalb, vor der Tür der deutschen Gesellschaft leben müssen, wird und kann keine wirkliche Integration gelingen. Ohne politische Rechte, das zeigen gerade auch die Erfahrungen bei fast allen Wahlen der letzten Jahre, werden diese Millionen von politisch rechtlosen Inländern ohne deutschen Paß allzu oft als Sündenböcke instrumentalisiert.

Das neue Staatsangehörigkeitsrecht bringt für die erste, zweite und für große Teile der dritten ‚Ausländergeneration‘ aus den Nicht-EU-Staaten, und das sind rund 75% der hier lebenden Menschen ohne deutschen Paß, keine Verbesserung, ja für große Teile sogar Verschlechterungen mit sich. Eine substantielle Verbesserung wä-re durch Verzicht auf die erzwungene Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft möglich gewesen, doch das neue Gesetz sieht dies nicht mehr vor.

Auch der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft durch Geburt ist für sich betrach-tet ein wichtiger und richtiger Ansatz, bleibt aber durch die Befristung bis zum 23. Lebensjahr ein doch sehr halbherziger Schritt. Von dem groß angekündigten ‚Mo-dernisierungsprojekt der deutschen Gesellschaft‘, von dem Reformvorhaben der rot-grünen Koalitionsregierung, ist kaum etwas übrig geblieben.

Als Hauptbetroffene und Befürworter dieser Reform in ihrer ursprünglichen Fassung sind wir nun mit unserem Vertrauen in und unseren Erwartungen an diese Regierung bitter enttäuscht worden. Dies wird bleibende Spuren hinterlassen.

Die hauptsächlichen Verhinderer dieses für Deutschland und die hier lebenden Migranten so eminent wichtigen Reformprojekts sind jedoch unverkennbar die Unionsparteien und die FDP. Dies wird von der Einwandererbevölkerung und ihren Kindern sicherlich nicht vergessen werden. Die, die es blockiert haben, können stolz sein auf ihren Erfolg, Millionen von Menschen erneut für viele weitere Jahre zum Ausländerdasein verurteilt zu haben.

Deutschland hat im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn seine das Staatsbürgerschaftsrecht betreffende Rückständigkeit nicht überwinden kön-nen.

Unser Eintreten, unser Kampf für Bürgerrechte bleibt aktueller denn je und wird mit allen demokratischen Mitteln konsequent weitergehen. Wir geben unsere Hoffnung nicht auf, daß ein demokratischer Rechtsstaat inmitten Europas Millionen seiner Be-wohner nicht auf Dauer als Ausländer mit minderen Rechten leben lassen kann und darf. Diese Tatsache werden auch die Konservativen und die sogenannten Liberalen dieses Landes begreifen müssen. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszu-sehen, daß die Schäden dieser kurzsichtigen und verantwortungslosen Politik unab-sehbar sein werden.

Prof. Dr. Hakký Keskin