Schily fordert "Germanisierung" der kulturellen Minderheiten

Noch nie hat ein hochrangiger deutscher Politiker einer demokratischen Partei die Assimilie-rung der in Deutschland lebenden Nichtdeutschen offen gefordert und diese als Ziel seiner Politik formuliert.

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 27. Juni wird dies ganz unverblümt von Bundesinnenminister Schily formuliert: ‚Ich sage Ihnen ganz offen: die beste Form der Integration ist die Assimilierung. … Assimilierung heißt wörtlich ‚Anähnlichung“. Er spricht sich zugleich gegen die Förderung der Muttersprache und gegen Minderheitenschutz aus.

Schliys Vorstellungen widersprechen nicht nur gänzlich den bisherigen Positionen der SPD über die Integrationspolitik, sie übertreffen vielmehr die Diskussion mancher Unionspolitiker über die sogenannte ‚Leitkultur‘. Die Fortentwicklung und Förderung einer eigenen Kultur, kulturellen Identität und Sprache der nichtdeutschen Bevölkerung Deutschlands war nicht nur für die SPD selbstverständlich, sondern auch Konsens unter allen demokratischen Par-teien.

‚Die Türken müssen hineinwachsen in unseren Kulturraum. Die Muttersprache muss Deutsch sein oder werden‘. Diese Vorstellungen Schilys lassen keinen Zweifel daran, dass er sich völlig außerhalb der Politik der EU-Staaten begibt, die stets die Förderung von Mut-tersprache und Kultur der Migrantenbevölkerung als ein zentrales Element ihrer Politik de-klarierten. Dieses Recht zum ‚Erlernen der Muttersprache‘ gehört sogar zu den sogenann-ten ‚Kopanhagener Kriterien‘, die als Mindeststandards auch für die Anwerbestaaten für deren EU-Mitgliedschaft gilt. Die ‚Anähnlichung‘, von der Schily spricht, darf nicht die Besei-tigung der kulturellen uns sprachlichen Vielfalt bedeuten. Voraussetzung hierfür ist vielmehr die rechtliche, politische und soziale Gleichstellung und Gleichbehandlung!

Wenn es das Ziel von Herrn Schliy war, mit der Formulierung dieser Position alle übrigen rechten Politiker wie die Herren Beckstein oder Schill in Sachen Reglementierung zu über-bieten, so kann ihm dieser Ruhm durchaus bescheinigt werden.

Diese Politik hat jedoch schwerwiegende Konsequenzen. Sie konterkariert alle Bestrebun-gen derjenigen, die seit Jahren für eine Integrationspolitik werben und sich entschieden da-für einsetzen. Eine solche Politik, ja sogar eine solche Diskussion lehnen wir kategorisch und mit Entschiedenheit ab. Sie wird das Wahlverhalten der Migrantenbevölkerung, vor allem das der Türken, maßgeblich beeinflussen.

Deshalb fordern wir den Bundeskanzler auf, sich von diesen Äußerungen Schilys unmiss-verständlich zu distanzieren. Wir fordern alle im Bundestag vertretenen Parteien, vor allem die Bündnisgrünen als Koalitionspartner, auf, sich ganz entschieden gegen diesen Kurs der Germanisierung zu stellen.

Prof. Dr. Hakkı Keskin

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