Unsere Solidarität gilt der Judischen Gemeinde

Unter Demokraten und demokratischen Parteien muss es Konsens sein: Antisemitismus, Rassismus und Ausländerhass gehören zu den Tabuthemen in Deutschland und in jedem demokratischen Rechtsstaat.

Die bei Teilen der Gesellschaft vorhandenen Ressentiments dürfen nicht mit Hilfe antisemitischer, rassistischer und ausländerfeindlicher Äußerungen geschürt oder gestärkt werden.

Die Aussage, der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschlands, Michel Fried-man, sei für den Antisemitismus in Deutschland mitverantwortlich, muss mit aller Entschie-denheit abgelehnt und verurteilt werden. Hier wird das Opfer zum Täter gemacht. Parallelen zu im Dritten Reich gemachten Äußerungen drängen sich unweigerlich auf.

Wir wollen glauben und hoffen, dass diese inakzeptable Äußerung Möllemanns eine unge-wollte und nicht durchdachte Einzelentgleisung ist und dahinter keine Strategie für eine Poli-tik steckt, die auf die bevorstehenden Bundestagswahlen zielt. Deshalb empfehlen wir Herrn Möllemann, sich für diese Äußerung aufrichtig bei Herrn Friedman und bei der Jüdischen Gemeinde zu entschuldigen.

In der Vergangenheit haben wir wiederholt erleben müssen, dass manche Politiker und Par-teien die kulturellen Minderheiten dieses Landes bei Wahlen für den Stimmenfang instru-mentalisierten und somit die ohnehin reichlich vorhandenen Vorurteile, Ängste und Ressen-timents gegen diese Menschen schürten und stärkten.

Nicht nur aus Gründen der Solidarität mit den kulturellen Minderheiten, von denen der aller-größte Teil kein Wahlrecht besitzt, sondern vor allem zur Verteidigung einer wehrhaften De-mokratie sollten solche Äußerungen entschieden abgelehnt und verurteilt werden.

In diesem Zusammenhang bitten wir insbesondere die Medien in Deutschland, in dieser Hin-sicht ihre kritische Kontroll- und Begleitfunktion weiterhin verstärkt wahrzunehmen.

Eine sachliche und differenzierte Kritik an der Politik Scharons in Israel gegenüber den Pa-lästinensern, die auch nach unserer Meinung eine friedliche und dauerhafte Lösung des Nahostkonflikts eher blockiert, ist völlig legitim und steht unbestreitbar jedem Menschen zu. Gefährlich und inakzeptabel ist es jedoch, eine solche Kritik mit der Diffamierung eines jüdi-schen Repräsentanten in Deutschland zu verbinden.

Vor dem Hintergrund dieser Debatte fordern wir die demokratischen Parteien auf, bei der bevorstehenden Bundestagswahl keinen Wahlkampf auf Kosten der kulturellen Minderheiten zu führen. Dies soll nicht heißen, dass eine sachliche Auseinandersetzung zu Fragen der Integration der kulturellen Minderheiten nicht geführt werden dürfe.

Prof. Dr. Hakkı Keskin

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