Giordanos Islam-Kritik löst Verärgerung aus

Die islamkritischen Äußerungen des Schriftstellers Ralph Giordano sind auf scharfe Kritik gestoßen. Der 84-Jährige wies den Vorwurf zurück, er rede mit seiner Ablehnung des Baus einer Moschee in der Kölner Innenstadt Rechtsextremisten das Wort.

Die islamkritischen Äußerungen des Schriftstellers Ralph Giordano sind auf scharfe Kritik gestoßen. Der 84-Jährige wies den Vorwurf zurück, er rede mit seiner Ablehnung des Baus einer Moschee in der Kölner Innenstadt Rechtsextremisten das Wort.

In einem Streitgespräch des Kölner Stadtanzeigers hatte Ralph Giordano die Integration von Moslems in Deutschland für gescheitert erklärt; in diesem Scheitern liege die Quelle für islamischen Terror. Er warf dem Islam Frauenfeindlichkeit vor und sagte, der Anblick vollverschleierter Musliminnen – ‚menschliche Pinguine‘ – störe seine ‚Ästhetik‘. Giordano sprach von einer ‚unheiligen Allianz‘ radikaler Moslems und deutscher Rechtsextremisten, die antisemitische Propaganda verbreiteten und Juden bedrohten oder sogar angriffen. Er selbst habe von Moslems ‚telefonisch Morddrohungen erhalten‘.

Thema der Diskussion Giordanos mit dem Dialogbeauftragten der türkisch-islamischen Union (Ditib), Begir Alboga, war die Moschee, deren Bau im Kölner Stadtteil Ehrenfeld alle Parteien der Stadt zustimmen. Nur die rechtslastige Wählerinitiative Pro Köln ‚macht mobil gegen Großmoschee und Islamismus‘, wie auf ihrer Homepage steht. Giordano war daher vorgeworfen worden, Rechtsextremen das Wort zu reden.

Gegen diese Anschuldigung verwahrte er sich im Deutschlandfunk. Er habe zu Anfang seiner Ausführungen gesagt, die Initiatoren von Pro Köln ‚würden, wenn sie könnten, wie sie wollten, mich in eine Gaskammer stecken‘. Daher habe er nun ‚eine Strafanzeige von Pro Köln am Hals‘. Wer meine, Giordano habe sich mit seiner Kritik auf die Seite der Rechtsextremen gestellt, ‚und einen Überlebenden des Holocaust auf diese Weise beschuldigt, der richtet sich selbst‘. Giordano war während der NS-Diktatur mehrfach von der Gestapo gefoltert worden.

Der Frankfurter Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik, früherer Direktor des Fritz-Bauer-Instituts zur Erforschung der Geschichte und Wirkung des Holocaust, glaubt nicht, dass Giordano damit einen Freibrief für Holocaust-Opfer in Anspruch nehmen wollte. Brumlik sagte der Frankfurter Rundschau, Giordano habe wohl nur ’sich persönlich‘ als von der Strafanzeige von Pro Köln Betroffenen gemeint, ’nicht den Holocaust-Überlebenden an sich‘. Die Islamkritik Giordanos wies Brumlik aber scharf zurück: Dieser ‚bestreitet in nicht gerade integrationsfreundlicher Haltung ein selbstverständliches Bürgerrecht der hier lebenden Muslime in Worten, die stark vorurteilsbeladen wirken‘. Er schließe von einer radikalen Minderheit auf alle Muslime.

Der Publizist Günther Bernd Ginzel, Jude wie Giordano und Brumlik, sagte, er sei fassungslos und entsetzt. ‚Das ist nicht der Ralph Giordano, wie ich ihn seit Jahren kenne‘, sagte Ginzel im Deutschlandfunk. ‚Wenn das einem Opfer des Nazismus passiert, muss er ins Grübeln kommen.‘ Angesichts der ‚undifferenzierten Argumentation‘ Giordanos könne man sich auch als Jude nur schützend vor die muslimischen Nachbarn stellen, so Ginzel.

Hakki Keskin, türkischstämmiger Professor für Migrationspolitik in Hamburg und Bundestagsabgeordneter der Linkspartei, erklärte, es sei ‚falsch und verwerflich‘, Giordano in die Ecke von Rechtsextremisten und Neonazis zu rücken. ‚Seiner Kritik an der Burka als Symbol der Unterdrückung von Frauen stimme ich zu‘, so Keskin weiter. Giordano fälle aber ein unzulässiges ‚pauschales Urteil über den Islam‘, mit dem ‚die Religion als Ganzes diskreditiert‘ werde. Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime habe ein säkulares Islamverständnis. Zwar gebe es Integrationsschwierigkeiten, daran seien aber deutsche Politiker schuld, die ‚jahrzehntelang die Augen vor der multikulturellen Realität verschlossen‘ hätten. Das Recht auf Religionsfreiheit sei nicht verhandelbar. Volker Schmidt


Frankfurter Rundschau

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