Reise nach Kolumbien

Teilnahme an den Parteitagen der Schwesterpartei POLO (Democratico Alternativo)in Bogotá/ Kolumbien vom 23.02.-28.02.2009

1. Besuch der Parteizentrale von Polo Democrático Alternativo

2. Teilnahme am „Internationalen Forum“, das im Vorlauf des Parteitages der POLO die Internationalen UnterstützerInnen und Schwesterparteien aus insgesamt 40 verschiedenen Ländern versammelte.

3. Es wurde ein Kennenlerngespräch mit dem Generalsekretär des PDA, Dr. Carlos Bula durchgeführt. Mit anwesend waren die Ex-Bürgermeisterin von San José de Apartadó, Gloria Cuartas sowie die Leiterin des Sekretariats für soziale Integration des Bürgermeisteramtes von Bogotá. Während des Gesprächs wurde u. a. die Wichtigkeit für den Einheitsprozess in Kolumbien hervorgehoben. Dabei Darstellung des Einheitsprozesses der linken Kräfte in Deutschland, der zur Gründung der Partei DIE LINKE geführt hat.

4. Nach Beendigung des Treffens mit dem Generalsekretär, Bula, wurde ein Gespräch mit der Genossin und Mitglied des Exekutivkommittees, Gloria Cuartas, abgehalten. Im Gespräch hat Gloria Cuartas die Wichtigkeit des II. Kongresses für das Alternative Demokratische Pol und Kolumbien hervorgehoben. Vor allem wegen der Legitimitätskrise der Regierungs- und Staatsinstitutionen, die vom PDA die Entwicklung von partizipativen programmatischen Vorschläge abverlangt, unter Berücksichtigung der verschiedenen Sichtweisen der sozialen, kulturellen und ethnischen Bewegungen, u.a., Somit kann die Essenz der Partei (Alternativer Demokratischer Pol/PDA) bei Verhandlungen mit anderen Parteien abgesichert werden, um möglichen programmatischen Allianzen einzugehen, die dazu beitragen das herrschende neoliberale Modell in Kolumbien zu überwinden. Es gab auch Einvernehmen im Gespräch über die Notwendigkeit der Überwindung des bewaffneten sozialen Konfliktes in Kolumbien und notwendigerweise über die Anerkennung dessen historischen Verankerung in den letzten sechzig Jahre der politischen und sozialen Geschichte Kolumbiens, als unabdingbare Bedingung, um die Demokratie und den sozialen Rechtsstaat in diesem Land entwickeln zu können.

5. Treffen im Bürgermeisteramt von Bogotá. Dort gab es im Sekretariat für soziale Integration ein Gespräch mit einer der verantwortlichen Personen für die Erarbeitung eines Vorschlags innerhalb des Konzeptes “Menschliches Bogotá (Bogotá humana)”, ein Netz zur Garantierung der sozialen Sicherung aller Bogotaner, unabhängig von ihrer Integration in den Arbeitsmarkt. Es wurde über die Beteiligung der Gemeinden bei der Planung und Entwicklung der Stadtpolitik diskutiert, das sie zu einem integrierenden Konzept führt und stärkt (inpowerment). Im Gegensatz zum Programm der kolumbianischen Regierung „Familien in Aktion (Familias en acción)”, wo die Familien passive Empfängerinnen von “Almosen” sind, beteiligt sich die in 20 verschiedenen Zonen eingeteilte Bevölkerung der Stadt Bogotá aktiv mit ihren eigenen Vorschläge im Einvernehmen mit ihrem Bedarf nach Kultur, Arbeit, Erziehung/Bildung, Ernährung, usw. bei der Planung der Stadt- und Kommunalpolitik. Zum Ende des Gesprächs wurde über die Möglichkeit der Sondierung eines Austausches zwischen den für die Entwicklung und Durchführung der Sozialpolitik beider Städte (Berlin & Bogota) verantwortlichen Ressorts gesprochen. Ein möglicher Austausch könnte ausgehend von der deutschen Erfahrung mit dem sozialen Sicherungssystem einen Beitrag zur vergleichenden Analyse mit anderen Erfahrungen auf Weltmaßstab leisten. Daraus könnten Lehren für das möglicherweise zu implementierende System der sozialen Sicherung in der Hauptstadt Kolumbiens gezogen werden.

6. Um die Umsetzungsmöglichkeiten der Entwicklungskonzepte des Bürgermeisteramtes von Bogotá näher kennen zu lernen, haben wir die Möglichkeit erhalten, die Bezirksbürgermeisterin der Zone 18 zu besuchen. Die Bürgermeisterin, Genossin Martha Bolivar, verwaltet aktiv einen aus den verschieden Vertreibungsphasen der neueren kolumbianischen Geschichte (Ab Mitte des vorigen Jahrhunderts) entstandenen Stadtteil mit heutzutage 400.000, meist armen Einwohnern. Im Gespräch wurde seitens der Bürgermeisterin die Notwendigkeit der Wiederbelebung/Weiterentwicklung eines u. a. von der GTZ und KFW in den 1990er Jahren unterstützten Demarginalisierungsprogramms (Wohnungsbau) hervorgehoben. Weiterhin wurden die Möglichkeiten einer möglichen Bezirksbürgermeisterämter – Partnerschaft diskutiert. 7. Treffen mit Vertretern ethnischen Minderheiten (Afrokolumbianer, Indigene, und Roma) Es wurde seitens der VertreterInnen die Notwendigkeit der pädagogischen Arbeit in der kolumb. Gesellschaft erörtert, damit die Anerkennung der Vielfalt reell in der Bevölkerung und in der Partei tatsächlich geschieht. Um die Vertreibungen der ethnischen Gemeinschaften aus ihrem Eigentum / von ihrem Land zu erklären wurde hervorgehoben, dass sie in Regionen leben, wo viel Reichtum an Biodiversität, Mineralien, Wasserquellen, strategische Ortung zu den Meeren, Amazonasgebiet, vorhanden ist. Die Ethnien (Afrokolumbianer, Indigene und Roma) besitzen 1 von 6 ha des Landes und jeder 8 ist Angehöriger ihrer Minderheit (6 Mio). Die VertreterInnen der ethnischen Gemeinschaften, Orsinia Polanco (Indigene), Dalila Gomez (Roma) und Carlos Rosero (Afrokolumbianer) haben die Verletzung ihrer Menschenrechte durch alle Konfliktparteien (Militär, Paramilitär und Guerilla) angeprangert, und erklären sich als autonom im Bezug auf den Krieg. Sie treten für den humanitären Austausch ein und fürAutonomie verstanden als erkennbarer Faktor einer kollektiven Anerkennung. Die Beteiligung beim PDA (Alternativer Demokratischer Pol) hat auch das Ziel, durch die kollektive Anstrengung aus den Regionen heraus diese Partei zu einem politischen Instrument des Volkes zu entwickeln und ihre Entwicklung von unten voranzutreiben. Ein anderes Ziel ist die Einbeziehung der Philosophie der verschiedenen Ethnien in das philosophische Gedankengut der gesamten Partei. Die verschiedenen VertreterInnen haben die dreifache Diskriminierung der Frauen angeprangert: Als Frau, als Arme und als Angehörige einer ethnischen Gemeinschaft. Eine Kritik und Ziel der ethnischen Gemeinschaften ist zu erreichen, dass die Partei nicht nur eine Wählergemeinschaft ist. Ihre Mitglieder und Vertreter sollen auch die Richtlinien der Partei respektieren und in den Regionen keine Bündnisse oder politische Abmachungen mit Kräften eingehen, die die kulturellen, ökonomischen und regionalen Interessen des Volkes verletzen, (Ölpalme und Biodiesel Produzenten des südlichen Kolumbiens).

8. Beim kurzen Gespräch mit der Vertreterin der Roma (ca. 4.350 Angehörige) hat sie ihre wichtigsten Forderungen gegenüber der kol. Gesellschaft und der Partei genannt: a) Autonomie innerhalb der Nationalen Leitung des PDA b) Eigenes nationales Sekretariat c) Die Anerkennung der ethnischen Gemeinschaft der Roma vor dem kolumbianischen Gesetz (Abgeordnete des PDA sollen eine Gesetzesvorlage beim Kongress der Republik einbringen)

9. Kurzes Gespräch mit der Vorsitzenden der Friedenskommission des kolumbianischen Senats, Gloria Inés Ramirez/ PDA Mitglied und kommunistischen Parteiangehörigen: Hervorhebung der gemeinsamen Eintracht der Parlamentsmitglieder dieser Kommission (überparteisch) gegenüber der politischen Lösung des Konfliktes und als erster Schritt die Durchführung eines humanitären Austausches zwischen Regierung und Aufständische. Nach den verschiedenen Gesprächen kann als Fazit gezogen werden, dass noch viel zu tun ist, um in Kolumbien die Entwicklung einer partizipativen und reellen Demokratie in Frieden zu erreichen.

10. Treffen mit dem deutschen Botschafter in Bogota, Jürgen Christian Mertens, und seinem Stellvertreter: ausführlicher Gedankenaustausch über die politische und soziale Lage in Kolumbien; und grundsätzliche Information.

Rede von Prof. Dr. Hakkı Keskin auf dem Parteitag der Polo (linke Partei in Kolumbien) in Bogotà /Kolumbien, 26.2.2009

Liebe Freunde, Queridos Amigos liebe Genossinnen und Genossen, Queridos Compagneros, Meine Damen und Herren, Segnoras, Segnores

Ich freue mich sehr hier bei Ihnen, auf diesem wichtigen Kongress der POLO (Democratico Alternativo) zu sein.

Ich bringe Ihnen die solidarischen Grüße und Erfolgswünsche der linken Partei Deutschlands und der Europäischen Linken.

Queridos Kompagneros y Kompagneras,

Die linken Parteien haben weltweit eine große, historische Chance gerade in dieser Zeit.

Die weltweite große Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Kritik der Linken bestätigt.

Wir haben das neoliberale Wirtschaftssystem, welches von konservativen und liberalen Kräften und multinationalen Konzernen zu einem Dogma erhoben wurde, massiv kritisiert.

Wir haben das Finanzsystem, welches die Kontrolle und den Dirigismus des Staates ablehnte, kritisiert und auf die drohenden Gefahren wiederholt hingewiesen.

Diejenigen Kräfte, die alles dem freien Markt überlassen und jede Form der Einmischung, Kontrolle des Staates ablehnten, bitten heute den Staat zur Hilfe.

Die Pleite gegangenen Banken, Versicherungsgesellschaften, Großunternehmen würden gern hunderte Milliarden Dollar Hilfen in Anspruch nehmen wollen, aber gleichzeitig die Kontrolle durch den Staat dennoch nach Möglichkeit verhindern wollen.

Die Bürger in ihrer großen Mehrheit lehnen diese Politik entschieden ab. Sie fordern, dass der Staat die Banken verstaatlicht oder zumindest durch Teilverstaatlichung nun mehr kontrolliert.

Vor wenigen Tagen haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs gegen die Weltwirtschaftkrise in folgenden Punkten geeinigt: • Banken, Fonds und riskante Produkte sollen flächendeckend kontrolliert werden. • Gegen Steueroasen sollen Sanktionen angewandt werden. • Einige Staaten, Großbritannien, Schweden, Deutschland wollen sogar im nötigen Falle die Verstaatlichung von Banken in Angriff nehmen.

Queridos Amigos!

Die deutsche Linke hat seit Jahren weitreichende Forderungen für mehr staatliche Kontrolle, Dirigismus und gegen Privatisierung erhoben.

Wir alle stellen fest, wir hatten Recht. Die Wähler erkennen nunmehr die Bedeutung dieser Forderungen.

Gerade jetzt müssen wir unserer Politik Nachdruck verleihen.

Die falsche Politik der Sozialdemokraten führte zu Massenaustritten der Mitglieder, darunter viele Gewerkschafter. Im Januar 2005 wurde im Westen die „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG) gegründet.

In Ostdeutschland hat die „Partei des demokratischen Sozialismus“ (PDS) die Einigung mit dieser neuen Bewegung erwogen.

Im Juni 2005 hat man sich darüber geeinigt, gemeinsam bei den Bundestagswahlen anzutreten.

Bei der Bundestagswahl am 18.September 2005 erzielte die Linke 8,7 % der Wählerstimmen und stellte somit eine Fraktion von 54 Abgeordneten.

Am 16. Juni 2007 wurde dann nach langen Verhandlungen die neue Partei „Die LINKE“ gegründet.

Sie ist zu einer wichtigen politischen Kraft in Deutschland geworden.

Wahlprognosen zufolge könnte sie heute bis zu 14-15 % der Stimmen erhalten.

Die deutsche Linke hat beachtliche Erfolge mit ihrer Politik: • Für soziale Gerechtigkeit! Das ist unser Hauptkennzeichen. • Wir sind gegen eine Politik der Umverteilung von unten nach oben, von den Armen zu den Reichen. • Wir sind für eine gerechtere Steuerpolitik, die diese Fehler korrigiert. • Wir sind für den Erhalt und den Ausbau des Sozialstaats und der sozialen Sicherungssysteme. • Für eine aktive Beschäftigungspolitik durch die öffentliche Hand um gegen Arbeitslosigkeit vorzugehen. • Für eine aktive Bildungs- und Berufsbildungspolitik! • Für eine Politik der sozialen Ökologie weltweit. • Für eine Friedenspolitik in der Welt. • Für eine gerechte Weltwirtschaft

Liebe Freunde, Die Linke sollte weltweit mit ganz konkreten, für große Teile der Bevölkerung durchaus akzeptablen Forderungen ihre Politik deutlich machen.

Ganz konkret sollten wir wiederholt unterstreichen: • Soziale Gerechtigkeit im Lande, aber auch in der Welt • Frieden im Lande, aber auch in der Welt • Sozialpolitik und Sozialstaat • Daseinsfürsorge des Staates im Gesundheitswesen, in der Bildungs- und Energiepolitik, sozialer Wohnungsbau, etc. • Ausbau und Festlegung der Demokratie und des Rechtsstaates. Hierfür scheint mir, wenn Sie mir gestatten, dies zu erwähnen, hier in Kolumbien die Aufarbeitung der näheren Geschichte des Landes und die Beilegung des Konflikts, welcher zehntausenden Menschen das Leben kostete, ganz wichtig zu sein. • Nur wenn diese bewaffnete Gewalt friedlich beigelegt ist, kann der demokratische Rechtsstaat auf einem stabilen Fundament basieren.

Liebe Freunde,

ich unterstütze die Überlegung, von einer Union der lateinamerikanischen Staaten in politischen und wirtschaftlichen Fragen, ähnlich der EU.

ich wünsche dem Parteitag Polo viel Erfolg und das Gelingen für eine geschlossene, gemeinsame linke Politik in Kolumbien. Die Entwicklung in Lateinamerika ist eine Ermutigung.

Bilder:

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