Ursprünglich beabsichtigte ich zum in Frankfurt laufenden Prozess über den Skandal 'Deniz Feneri' erst nach der Urteilsverkündung Stellung zu nehmen. Doch obwohl einige inhaftierte Funktionsträger die Veruntreuung von Geldern vor Gericht bereits zugegeben und vor dem Gericht einiges über ihre kriminiellen Aktivitäten zugaben, besteht noch immer Unklarheit darüber, ob bei den Vernehmungen wichtige Tatsachen unaufgeklärt geblieben sind.
Derartige mafiöse Vereine treffen in der Regel geheime Absprachen, wer im Fall des Auffliegens die Schuld auf sich nimmt. Damit wird versucht die wahren Aktivitäten und Verantwortlichkeiten zu verschleiern. Diesen Betrugsskandal verfolge ich mit größtem Interesse. Er bedarf einer lückenlosen Aufklärung durch das Gericht!
Der bei weitem größte Teil der 41 Millionen Euro an Spendengeldern, die von in Deutschland lebenden Türken als Bedürftigen- oder Opferabgaben sowie zur Hilfszwecken für Arme eingesammelt wurden, floss in die privaten Kassen eigener Subfirmen der ‘Deniz Feneri’-Funktionäre. Dieser Tatbestand wurde von den Angeklagten vor Gericht zugegeben.
Bereits vor ‘Deniz Feneri’ hatte es ähnliche Fälle gegeben. Die sogenannten ‘Islam-Holdings’, die auch als ‘grünes Kapital’ bekannt wurden, haben unter den im Ausland lebenden Türken schätzungsweise 30-35 Milliarden Euro gesammelt. Dieses Geld mussten hunderttausende türkische MigrantInnen zuvor schwer erarbeiten. Mit Hilfe von vorsätzlich herbeigeführten Firmenkonkursen wurden die Spender um Ihre Anteile geprellt. Da der Islam offiziell keine Zinserträge erlaubt, wurden den Betroffenen stattdessen Gewinnbeteiligungen von mehr als 25 Prozent versprochen. Die Holdings haben hierfür die Autorität der Imame von Moscheen gezielt missbraucht. Hunderttausende Muslime wurden dadurch geschädigt, Familien auseinander gerissen, und manche Geschädigte sogar zum Selbstmord getrieben. Dieser gewaltige Betrugsskandal ist immer noch nicht befriedigend aufgeklärt worden. Die türkische Justiz muss gegen diese räuberischen Firmen energisch vorgehen! Die Geschädigten müssen zu ihrem Recht kommen!
Der wiederholte Missbrauch des Glaubens verdeutlicht, wie wichtig es ist, das Religion niemals zu politischen und wirtschaftlichen Zwecken missbraucht werden darf. Das ist der eigentliche Sinn des Laizismus. Religion und religiöse Glaubensgemeinschaften müssen aus Politik und Wirtschaft herausgehalten werden. Diesen Betrügern geht es ausschließlich darum, den Islam für ihre kriminellen Aktivitäten zu instrumentalisieren. Diese Tatsache muss klar erkannt werden. Den professionellen Schwindlern muss mit schärferen Gesetzen das Handwerk gelegt werden!
Die Justizbehören und der Gesetzgeber in der Türkei sind aufgefordert, Veruntreuungen wie durch ‘Deniz Feneri’ und die ‘Islam-Holdings’ energisch zu bekämpfen, um Wiederholungsfälle zu vermeiden. Zu den wichtigsten Aufgaben der Regierung zählt schließlich der Schutz der Rechte der Bürgerinnen und Bürger!
‘Ich rufe alle Türken in Deutschland auf, lasst euch nicht euer schwer verdientes Geld von diesen professionellen Betrügern aus den Taschen ziehen, die völlig ungeniert eure religiösen Gefühle und Hilfsbereitschaft ausnutzen wollen. Diesbezüglicher Werbung in den Medien ist mit prinzipieller Skepsis zu begegnen.’
Der Rote Halbmond bleibt die beste und seriöseste Adresse, um Bedürftigen mit Spenden zu helfen.
Prof.Dr. Hakkı Keskin