Heute jährt sich zum 45. Mal die Unterzeichnung des Anwerbeabkommens zwischen der Republik Türkei und der Bundesrepublik Deutschland.
Infolge dieses Abkommens kamen Millionen von türkischen Arbeiterinnen und Arbeitern in die Bundesrepublik. Für sich selber und ihre Familien suchten sie nach einem materiell besseren Leben in der Fremde und gingen bei dieser persönlichen Herausforderung große Risiken ein. Für die aufstrebende Bundesrepublik war die Zuwanderung von Arbeitskräften für das Wirtschaftswunder von großer Bedeutung.
Und heute, fast ein halbes Jahrhundert später, können Türken und Deutsche auf eine bewegte Geschichte dieser Migration zurückblicken. Denn die Menschen, die in Deutschland viel zu lange als ‘Gastarbeiter’ angesehen wurden, sind keine Gäste mehr. Trotz aller Anfeindungen von extremistischer oder populistischer Seite sind sie Teil dieser deutschen Gesellschaft geworden: Ihre Kinder besuchen deutsche Schulen und Kindergärten, sie haben sich zum Teil erfolgreich in den unterschiedlichsten Berufszweigen integriert, zehntausende von ihnen sind Selbständige, Unternehmer und Akademiker geworden.
Die türkische Kultur und die der anderen Einwanderergruppen haben Deutschland in den letzten Jahrzehnten radikal verändert. Was Deutschland heute kulturell definiert, ob in seiner Alltagssprache oder seinen Medien, wäre undenkbar ohne diese Einflüsse. Das Hauptproblem bei der Integration bleibt jedoch die Verwehrung der staatsbürgerlichen Rechte. Nach Jahrzehnten besitzen rund 2 Millionen von ihnen noch immer keinen deutschen Pass, obwohl ein Drittel dieser Menschen sogar gebürtige Bundesrepublikaner sind! Deutschland kann und darf sich als demokratischer Rechtsstaat nicht länger leisten, rund zehn Prozent (7 Millionen Nichtdeutsche) seiner Bevölkerung von elementaren Bürgerrechten und damit von politischer Teilhabe auszuschließen.
Die Bundesregierung ist dringend aufgerufen, diesen Menschen, die für den Wiederaufbau und den Wohlstand Deutschlands solche bedeutenden Leistungen erbracht haben, als gleichberechtigte Bürger in die Gesellschaft aufzunehmen.
Prof. Dr. Hakkı Keskin