In der Integrationspolitik färbt die Union auf die SPD ab!

Ähnlich wie die Union favorisiert nunmehr auch die SPD schärfere Sanktionen für 'integrationsunwillige' Zuwanderer.

Mit ihren am Montag vorgestellten integrationspolitischen Leitlinien haben die Sozialdemokraten einen Paradigmenwechsel vorgenommen. Demnach wird eine Verknüpfung von Aufenthaltsstatus und Teilnahme an Sprachkursen erwogen. Wer nicht teilnimmt, der müsste künftig sogar mit einer Verkürzung seiner Aufenthaltsgenehmigung rechnen. Mit ihren Leitlinien will sich die SPD sowohl von ‘multikulturellen Tagträumereien’ wie von ‘rechtspopulistischen Anwandlungen’ distanzieren.

Ich halte die Integrationsleitlinien der SPD für eine klare Mogelpackung. Wer von der längst vollzogenen Multikulturalität unserer Gesellschaft wieder abrücken will, leidet selbst an schwindendem Realitätssinn. Die in unserer Gesellschaft längst vollzogene Realität kultureller Vielfalt verlangt vor allem die gleichberechtigte Partizipation der kulturellen Minderheiten. Wenn stattdessen die Sozialdemokraten auf eine migrantenfeindliche Politik der verschärften Sanktionen und Repressionen setzen, dann sind sie den Unionsparteien leider nur allzu ähnlich. Die Wiederherstellung der koalitionsinternen Harmonie ist den Sozialdemokraten offensichtlich wichtiger, dies geht aber wie gewohnt zu Lasten der sozial benachteiligten Menschen mit Migrationshintergrund.

Darüber hinaus ist zu befürchten, dass auch im angekündigten Kabinettsbeschluss zur Verbesserung des frühzeitigen Spracherwerbs in den Kindertagesstätten die notwendigen Förderungselemente zu kurz kommen werden. Wie ich schon seit langem fordere, ist es richtig und unverzichtbar, dass Migrantenkinder möglichst früh die deutsche Sprache erlernen. Dies setzt aber den nachhaltigen Ausbau von kostengünstigen bzw. kostenfreien Kindergartenplätzen sowie interkulturell geschultes Personal voraus. Ich bin gespannt, ob die Regierungskoalition diesen Erfordernissen Rechnung tragen und die dementsprechenden Mehrausgaben befürworten wird.

Prof. Dr. Hakkı Keskin