Nach dem sog. 'Gesinnungstest' in Baden-Württemberg will nun auch Hessen eine Einbürgerungsprüfung für Migranten einführen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) plant insgesamt ein mehrstufiges Einbürgerungsverfahren, das von den Einbürgerungsbewerbern die Beherrschung der deutschen Sprache, das Absolvieren eines Wissens- und Wertekurses und eines Prüfungstests sowie einen Eid auf das Grundgesetz verlangt.
Im Zweifelsfall will Koch auch im Alleingang vorgehen, falls SPD-regierte Bundesländer nicht mitziehen sollten. Auch Bundeskanzlerin Merkel begrüßte am Wochenende dieses Vorhaben, schließlich dürfe der Staat verlangen, dass die Einbürgerungsbewerber einiges über das Land ihrer Wahl wüssten und sich zu seinen Werten bekennen.
Hierdurch entsteht der Eindruck, als ob hohe Einbürgerungshürden notwendig wären. Seitdem im Jahr 2000 das neue Staatsangehörigkeitsrecht in Kraft trat, ging die Zahl der Einbürgerungen kontinuierlich zurück und betrug im Jahr 2004 lediglich 127 150 Personen. 4,5 Millionen der Ende 2004 in Deutschland lebenden Immigranten erfüllten die für eine Einbürgerung notwendige Aufenthaltsdauer von 8 Jahren. Das rein quantitative Einbürgerungspotential ist somit beträchtlich größer als die Zahl der tatsächlich vollzogenen Einbürgerungen.
Der neuerliche Vorstoß aus Hessen kommt dennoch nicht überraschend. Bereits bei der Landtagswahl 1999 hatte die Hessische CDU unter Kochs Führung eine populistische Unterschriftenkampagne gegen die geplante Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft durchgeführt und damit die Wahl für sich entschieden. Die Union will am kommenden Sonntag offensichtlich erneut einen Wahlsieg auf dem Rücken der hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund erringen und plant deshalb, die Einbürgerungsbedingungen drastisch zu verschärfen bzw. die Einbürgerung faktisch zu verhindern.
Ich verurteile diese Politik auf das Schärfste und fordere die Unionsparteien auf, anstelle dieser Politik der offenen Restriktionen und der populistischen Stimmungsmache gegen Migranten endlich den Dialog mit den hier lebenden Nichtdeutschen zu suchen. Die wichtigste gesellschaftspolitische Aufgabe wäre in der Tat, die teilweise schon seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik ansässigen Migranten einzubürgern und hierfür keine zusätzlichen Hürden aufzurichten. Eine Einbürgerungsprüfung, bei der nach Gutsherrenart entschieden wird, wer bestanden hat, ist völlig inakzeptabel.
Stattdessen wäre vielmehr die Tolerierung der Beibehaltung der bisherigen Staatsbürgerschaft erforderlich, um die Integration in Deutschland zu verbessern. Wenn es der Bundesregierung ernst wäre mit der Integration, dann würde sie die Einbürgerungen spürbar erleichtern und nicht massiv ausgerechnet bei den Sprachkursen kürzen, die zugleich ein wichtiges Einbürgerungskriterium sein sollen.