Braunschweiger Zeitung

Ein Schlag ins Gesicht der Terroristen

Terroranschläge, wie sie jüngst in Istanbul verübt wurden, könnten demnächst auch in jedem EU-Land oder auf den Territorien der üb-rigen Beitrittskandidaten begangen werden. Auch waren und sind EU-Länder wie Spanien. Nordirland, Frankreich oder Griechenland immer wieder Schauplätze von Anschlägen. Kein Mensch käme je-doch auf die Idee, deswegen die Zugehörigkeit dieser Länder zur EU in Frage zu stellen. Im Gegenteil: Zur Abwehr dieser alle bedro-henden Gefahr ist entschlossenes und solidarisches Handeln aller Länder und aller Demokraten gefragt. Nur dann kann es gelingen, dem Terror den Boden zu entziehen. Die Drahtzieher der Anschläge von Istanbul haben die Türkei mit Bedacht ausgewählt. Sie wollen um jeden Preis verhindern, dass dieses islamisch geprägte Land Bestandteil der EU wird und so als ein demokratischer, laizistischer und rechtsstaatlicher Staat zum Modell und Vorbild für die übrige is-lamische Welt. Somit ist eine klare EU-Perspektive für die Türkei auch eine klare Absage an die Terroristen von Istanbul. Herr Bosbach und andere Unionspolitiker sehen allerdings in der EU eine christliche Wertegemeinschaft, in der eine islamisch ge-prägte Türkei keinen Platz hat.

Diese Sichtweise zeigt Parallelen einerseits zu der Position islami-scher Fundamentalisten, die nach einem EU-Beitritt der Türkei eine Christianisierung des Landes befürchten, andererseits aber auch zu extrem nationalistisch gesinnten Kreisen, die das Gespenst einer ‘Orientalisierung Europas’ an die Wand malen. Dieser Tage wer-den in Hamburg von der NPD wieder Flugblätter verteilt, die unter der Überschrift ‘Deutsche wehrt Euch’ mit Parolen wie ‘Nein zum EU-Beitritt der Türkei! Unterstützen auch Sie die Kampagne gegen eine Orientalisierung Europas!’ alte Ressentiments schüren.

Letztlich sind dies aber nur einer Ideologie geschuldete Rückzugs-gefechte. Die Wirklichkeit sieht anders aus. In der EU leben bereits heute 20 Mio. Muslime, darunter 3,5 Mio. aus der Türkei, 2,5 Mio. allein in Deutschland. Wer heute in einer globalisierten Welt immer noch von einem ethnisch, kulturell und religiös homogenen Deutschland spricht, irrt gewaltig. Sowohl Europa als auch Deutsch-land sind unumkehrbar ethnisch und kulturell aber auch religiös viel-fältig geworden. Das aber ist Reichtum. Und das ist gut so.