Das Landgericht Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) hat im Prozess um den verstorbenen afrikanischen Asylbewerber Oury Jalloh die beiden hauptangeklagten Polizisten freigesprochen.
Der erst 23-jährige Oury Jalloh war Anfang 2005 gefesselt in einer Polizeizelle qualvoll verbrannt. Prozessbeobachter und Medienvertreter berichten von zahlreichen Verfahrensunregelmäßigkeiten: in dem 21-monatigen Mammutprozess sollen Polizisten den Richtern ins Gesicht gelogen und Vorgesetzte Druck ausgeübt haben sowie Beweismittel spurlos verschwunden sein. Die Staatsanwaltschaft hielt bis zuletzt an ihrer These fest, dass sich Oury Jalloh trotz seines gefesselten Zustands mit einem übersehenen Feuerzeug versehentlich oder absichtlich selbst in Brand gesetzt habe.
Das Urteil hinterlässt viele Fragen und ist skandalös. Die genauen Umstände des Todes von Oury Jalloh liegen weiterhin im Dunkeln und etwaige Verantwortliche und Mitschuldige bleiben unbehelligt. Wirklich deprimierend sind jedoch das eigentliche Ermittlungsverfahren und der Gerichtsprozess, die das Vertrauen in den deutschen Rechtstaat zwangsläufig beeinträchtigen müssen. Einer Polizei und Justiz, die offensichtlich vom Korpsgeist beseelt sind, muss zu Recht mit Misstrauen begegnet werden. Eine Staatsanwaltschaft, die erst nach massivem Druck der Öffentlichkeit aktiv wird und im Prozessverlauf offenbar Anklage mit Verteidigung verwechselt, wird ihrer Aufgabe nicht gerecht. Das Verfahren zeigt auf erschreckende Weise den vorhandenen institutionellen Rassismus, da es mit Sicherheit anders verlaufen wäre, wenn es sich bei dem Opfer um einen weißen Deutschen gehandelt hätte.
Die Konsequenz aus diesem Skandalprozess muss lauten: Deutschland braucht dringend ein unabhängiges Gremium, dass Rassismusvorwürfe gegen Teile der Exekutive und Judikative prüft. In zahlreichen anderen europäischen Ländern ist dies längst der Fall. Indem die Bundesregierung und die Bundesländer die Einrichtung von Ombudsstellen verweigern, begünstigen sie eine Situation wie diese, in der berechtigte Zweifel bestehen bleiben. Dies untergräbt das Vertrauen in den Rechtstaat.
Prof. Dr. Hakkı Keskin