Die EU-Kommission verschiebt ihre Entscheidung über das endgültige Aufnahmedatum von Rumänien und Bulgarien in die Europäische Union voraussichtlich auf Oktober. Der Grund hierfür seien die anhaltenden Probleme beider Länder bei der Umsetzung von EU-Standards in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung.
Möglicherweise müssten Bukarest und Sofia mit der einjährigen Verzögerung ihres EU-Beitritts rechnen.
Ich bin der Meinung, dass selbstverständlich sämtliche vereinbarten EU-Auflagen eingehalten werden müssen. Allerdings darf dies nicht zu einer Blockadehaltung hinsichtlich der EU-Erweiterung führen. Nach den gescheiterten Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden wäre dies das falsche Signal, zumal die vertraglichen Vereinbarungen der EU mit Rumänien und Bulgarien einen klaren Zeitplan für den Beitritt beider Staaten vorsehen.
Es wäre vielmehr die Hauptaufgabe der Europäischen Kommission selbst und der jeweiligen nationalen Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten, das erschütterte Vertrauen der Bürger in die Europäische Union wiederzugewinnen. Hierfür ist es vor allem erforderlich, die EU zu einer Sozialunion auszubauen, in der der Sozialstaat und soziale Sicherungssysteme EU-weit gesichert und ausgeweitet werden. Hierdurch ließen sich die in manchen Bevölkerungskreisen vorhandenen Ängste vor der EU-Erweiterung entkräften. Daher darf die EU nicht nur auf eine Rolle als Wirtschaftsmarkt reduziert werden, in dem die Bürger zunehmend der blanken Willkür der Großkonzerne unterworfen sind. Diese Politik trägt maßgeblich zur Distanzierung der Bürger von der EU bei und gefährdet somit das gemeinsame europäische Verfassungsprojekt.
Prof. Dr. Hakkı Keskin