Die deutsche Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) will den vormals gescheiterten rot-grünen Gesetzesentwurf zur Antidiskriminierung erneut einbringen. Die Union als neuer Koalitionspartner in der Bundesregierung lehnt dagegen diesen Gesetzesentwurf strikt ab.
Deutschland hinkt also bei der Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes anderen Ländern deutlich hinterher. Großbritannien, Schweden und die Niederlande sowie etliche andere Staaten, darunter die USA, haben mithilfe entschiedener Maßnahmen die vorhandenen Diskriminierungen ihrer gesellschaftlichen Minderheiten nicht nur unterbunden, sondern durch die gezielte Förderung dieser Minderheiten sogar deren Chancen auf Gleichbehandlung nachweislich verbessert.
Während die EU-Richtlinien lediglich einen umfassenden Schutz vor Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf vorsehen, spricht sich die Justizministerin auch für eine Anwendung im Zivilrecht aus. Niemand darf in seinem persönlichen Lebensalltag wegen seiner ethnischen Herkunft, Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, seines Geschlechts, Alters oder seiner sexuellen Identität diskriminiert werden, was ohnehin ein politisches Gebot des Grundgesetzes wäre. In einem wichtigen Punkt reicht der Gesetzesentwurf der Ministerin jedoch nicht aus. Die Beweislast darüber, dass keine Diskriminierung vorläge, müsste vielmehr bei dem Beklagten liegen.
Damit ließe sich sicherstellen, dass die Betroffenen eine erfahrene Diskriminierung auch tatsächlich anzeigen würden. Erfahrungen aus Schweden und Großbritannien zeigen, dass die Beweislastumkehr zugunsten der Betroffenen von entscheidender Bedeutung ist. Für den Fall, dass dieses Defizit im aktuellen Gesetzesentwurf der Ministerin behoben würde, fände dieser meine ausdrückliche Zustimmung und Unterstützung. Bedauerlicherweise droht die Justizministerin aber schon an der bröckelnden Unterstützung aus den eigenen Reihen zu scheitern.
SPD-Präsidiumsmitglied und Europaabgeordneter Martin Schulz signalisierte der Union bereits Kompromissbereitschaft. Es gebe ‘keine Notwendigkeit’ über die EU-Vorgaben aus Brüssel hinauszugehen. Damit wird dass, was vor einigen Monaten in einer rot-grünen Bundesregierung noch richtig war, in einer neuen schwarz-roten Regierungskoalition nunmehr für falsch erklärt.
Wenn die SPD bei der Antidiskriminierung bereitwillig vor der Union einknickt, dann unterstreicht sie hiermit nur, dass sie um jeden Preis mitregieren möchte. Die baldige Verabschiedung eines umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes bleibt dringend notwendig, um der Verpflichtung zur Umsetzung der EU-Richtlinien nachzukommen sowie den verfassungsmäßig garantierten Grundrechten in der Praxis eine stärkere Geltung zu verschaffen.
Daher fordere ich die Bundesregierung mit Nachdruck auf, umgehend ein modernes und umfassendes Antidiskriminierungsgesetz dem Deutschen Bundestag vorzulegen.