EU-Nachbarschaftspolitik mit Georgien

Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Hakkı Keskin, Wolfgang Gehrcke, Alexander Ulrich, Dr. Diether Dehm-Desoi, Monika Knoche, Paul Schäfer und der Fraktion Die LINKE

Seit Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit durchläuft Georgien einen schwierigen Transformati-onsprozess. Neben Problemen beim Umbau seiner Wirtschaft und in der sozialen Lage breiter Bevöl-kerungskreise wird die innenpolitische Stabilität vor allem durch die ungelösten innerstaatlichen Se-zessionskonflikte in Abchasien und Südossetien erschüttert, die seit der ‘Rosenrevolution’ 2003 zu einer spürbaren Verschlechterung der georgisch-russischen Beziehungen geführt haben. Gleichzeitig verfolgt die georgische Regierung einen Kurs der beschleunigten Annäherung an EU und NATO mit der langfristigen Perspektive der Vollmitgliedschaft. Vor diesem Hintergrund gewinnt die EU-Nachbarschaftspolitik mit Georgien an Bedeutung.


Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung der europäisch-georgischen-Beziehungen während der Zeit ihrer EU-Ratspräsidentschaft?

2. Wie positioniert sich die Bundesregierung zum Wunsch Georgiens nach einer langfristigen Bei-trittsperspektive für EU und NATO?

3. Worin bestehen die inhaltlichen Schwerpunkte und Zielsetzungen des individuellen NATO-Partnerschaftsprogramms mit Georgien und wie bewertet die Bundesregierung den diesbezüglich erreichten Stand?

4. Welche konkreten Vereinbarungen wurden während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zur Stärkung der EU-Schwarzmeerkooperation und zur Intensivierung der EU-Nachbarschaftspolitik mit Georgien getroffen und welche weiteren diesbezüglichen Initiativen beabsichtigt die Bundesre-gierung auf EU-Ebene vorzuschlagen?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die jüngsten Reformanstrengungen Georgiens seit der ‘Rosenre-volution’ 2003?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit der entwicklungspolitischen EU-Unterstützungsprogramme für Georgien (bitte nach einzelnen Förderprogrammen getrennt bewer-ten)?

7. Wie haben sich nach Einschätzung der Bundesregierung die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Georgien seit der ‘Rosenrevolution’ 2003 entwickelt?

8. Wie haben sich im selben Zeitraum die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen Georgiens zur Bundes-republik entwickelt?

9. Wie bilanziert die Bundesregierung die sozialen Auswirkungen des Privatisierungsprogramms der georgischen Wirtschaft, insbesondere in den Bereichen:

a) Einkommensentwicklung der Bevölkerung und personelle Einkommensverteilung? b) Schutz von Arbeitnehmerrechten? c) Öffentliche Daseinsvorsorge im Gesundheitswesen, bei der Finanzierung und beim Zugang zu medizinischer Versorgung und im Wohnungssektor? d) Bildungs- und Berufschancen? e) Entwicklung der kulturellen Infrastruktur und kulturellen Teilhabemöglichkeiten?

10. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung hieraus für ihr künftiges Handeln im Rahmen der der EU-Nachbarschaftspolitik mit Georgien?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Lage von gesellschaftlichen Minderheiten und die Entwick-lung der Menschenrechte in Georgien?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die aktuelle Lage in den innergeorgischen Sezessionskonflikten:

a) in Abchasien? b) in Südossetien?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Teilnahme Deutschlands an der Beobachtermission der Ver-einten Nationen (UNOMIG) in Georgien?

12. Welche Position bezieht die Bundesregierung hinsichtlich der territorialen Integrität Georgiens und den Unabhängigkeitsbestrebungen in Abchasien und Südossetien?

13. Mit welchem konkreten Handlungsauftrag koordiniert die Bundesregierung die Freundesgruppe des VN-Generalsekretärs für Abchasien?

14. Welche konkreten Ergebnisse konnte hierbei die Bundesregierung mit ihrem Wirken erzielen?

15. Welche vergleichbaren Aktivitäten unternimmt die Bundesregierung im Fall Südossetiens?

16. Welche konkreten Initiativen hat die Bundesregierung während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und auf bilateraler Ebene der deutsch-russischen Beziehungen ergriffen, um zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Georgien und Russland beizutragen?

17. Wie entwickeln sich nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit die Beziehungen zwischen Geor-gien und Russland?

18. Welche Auswirkungen haben nach Auffassung der Bundesregierung die erkennbaren Bemühungen Georgiens, die regionale Integration mit den Nachbarstaaten Türkei und Aserbaidschan zu vertiefen auf das Verhältnis zu Russland und die Einbindung in euroatlantische Strukturen von EU und NA-TO?

19. Sieht die Bundesregierung eine Gefahr darin, dass die engere Anbindung Georgiens an EU und NATO zu einer Störung der europäisch-russischen Beziehungen führen könnte?

20. Wie beurteilt die Bundesregierung die Konsequenzen, die sich aus Georgiens Mitgliedschaft in der ‘GUAM’-Gruppe (Georgien, Ukraine, Aserbaidschan, Moldau) für seine Beziehungen zur EU und zu Russland ergeben?

21. In welcher Größenordnung sind derzeit Truppenkontingente fremder Staaten auf dem Territorium Georgiens stationiert (bitte nach Truppenstärke und Herkunftsland auflisten)?

22. Auf welcher Grundlage und in welchem Umfang erfolgt eine militärische und wehrtechnische Zu-sammenarbeit der Bundeswehr mit den Streitkräften Georgiens und welche konkreten Maßnahmen und Projekte sind hieraus bereits entstanden bzw. in den nächsten Jahren geplant?

23. Welchen Beitrag hat die Bundesregierung seit 1995 zur Ausstattung und Ausbildung georgischen Militärs geleistet (bitte aufschlüsseln nach Jahren und Maßnahmen)?

24. In welchem Umfang hat die Bundesregierung seit 1995 den Export von Rüstungsgütern der Aus-fuhrliste Teil 1 A an Georgien genehmigt und welche Kriegswaffen der Kriegswaffenliste B wurden in diesem Zeitraum tatsächlich geliefert (bitte aufschlüsseln nach Jahren)?

Berlin, den 10. Juli 2007

Dr. Gregor Gysi Oskar Lafontaine und Fraktion