Die Bundesregierung nutzt gegenwärtig die Umsetzung von mehreren EU-Richtlinien in nationales Recht, um massive Verschärfungen beim Aufenthaltsrecht und bei den Integrationsanforderungen für Migranten durchzusetzen.
Demnach müssen Neuzuwanderer und Migranten künftig nicht mehr nur einen Integrationskurs besuchen, sondern diese Kurse auch erfolgreich bestehen. Im Fall einer unregelmäßigen Kursteilnahme droht zudem ein Bußgeld bis zu 1000 EURO. Beim Ehegattennachzug wird verlangt, dass der Partner noch vor seiner Einreise in die Bundesrepublik seine Deutschkenntnisse nachweist. Des Weiteren sollen ausländische Studierende oder Auszubildende unter 23 Jahren erst dann eingebürgert werden, wenn sie eigenständig ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Im Aufenthalts- und Asylrecht sind ebenfalls drastische Einschnitte geplant. Flüchtlinge, die hinter der Grenze aufgegriffen werden, dürfen künftig in ‘Zurückweisungshaft’ genommen werden. Angehörige bestimmter ‘Risiko-Staaten’ sollen von vornherein vom Bleiberecht ausgeschlossen werden können. Der Gesetzentwurf erklärt hierbei selbst ‘körperliche Eingriffe’ durch einen Arzt, etwa zur Feststellung des Alters oder der Identität, für zulässig.
Allerdings sind bereits die EU-Vorgaben flüchtlingspolitisch restriktiv. Die EU ist längst zu einer Festung gegen Migration und Flüchtlinge ausgebaut worden. Während für die Wirtschaft nicht zuletzt mit Hilfe der EU weltweite Bewegungsfreiheit durchgesetzt wird, schottet sich die EU gleichzeitig gegen jede Form von Migration immer stärker ab.
Diese neuerlichen Verschärfungen sind ein fundamentaler Angriff auf die Menschenwürde von Migrantinnen und Migranten. Mit den geplanten Änderungen werden in unerträglicher Weise gezielte Ressentiments gegen Migranten geschürt. Ich fordere insbesondere die SPD auf, diese populistische Politik nicht mit zu tragen.
Wenn Integration gelingen soll, müssen die hier lebenden Migranten und Neuzuwanderer frühzeitig als gleichberechtigte Mitglieder in die deutsche Gesellschaft aufgenommen werden. Integration kann folglich nicht mit Sanktionen erzwungen werden, sondern bedarf einer konkreten Konzeption und geeigneter Förderungsinstrumente. Statt ein gesellschaftliches Klima der Ausgrenzung und Sanktionsandrohung zu schaffen, sollte die Bundesregierung vielmehr die längst überfällige Entwicklung einer Willkommenskultur fördern. Hierzu gehört vor allem, die Einbürgerung in Deutschland deutlich zu erleichtern und mehrfache Staatsangehörigkeiten zuzulassen.
Prof. Dr. Hakkı Keskin