Özdemirs Wahl zum Parteivorsitzenden verpflichtet die Grünen zu einem konsequenten Handeln in der Einbürgerungspolitik!

Die Wahl des türkischstämmigen Cem Özdemir zum Parteivorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen ist ein Meilenstein in der Migrationsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Der Sohn türkischer Einwanderer konnte diesen politischen Weg jedoch nur beschreiten, weil er deutscher Staatsbürger ist und somit über alle Rechte verfügt, die ihm gesellschaftliche und vor allem politische Partizipation ermöglichen. Die erfreuliche Entwicklung im Falle Cem Özdemirs sollte uns aber nicht über die ganz und gar nicht erfreuliche bundesdeutsche Realität hinwegtäuschen.

In Deutschland leben ca. 7 Millionen Menschen mit dem Status eines ‘Ausländers’. Diese Menschen sind, obwohl sie zum Teil schon seit Jahrzehnten hier leben oder in Deutschland geboren worden sind, von jeglicher politischer Partizipation ausgeschlossen. Noch heute besitzen viele ehemalige ArbeitsmigrantInnen und deren Nachkommen nur eingeschränkte Bürgerrechte und dürfen ohne die deutsche Staatsbürgerschaft weder an kommunalen, noch an Landtags- oder Bundestagswahlen aktiv oder passiv teilnehmen. Ihnen wird somit das Recht auf politische und gesellschaftliche Mitsprache systematisch vorenthalten. Dieser Zustand ist in einem demokratisch verfassten und von kulturellem Austausch geprägten Land wie Deutschland nicht zu akzeptieren!

MigrantInnen, die sich für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft entscheiden, sind auch nach der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000, an der die Grünen maßgeblich mitbeteiligt waren, mit erheblichen Hürden konfrontiert. Bestimmungen, wie die Optionspflicht, die eine Entscheidung für eine Staatsangehörigkeit nach Erreichen der Volljährigkeit erzwingt; maßlos komplizierte Einbürgerungstests, die insbesondere für die erste Einwanderergeneration, die in Deutschland keine Schulen besucht haben, eine Zumutung darstellen; sowie die Ablehnung von Doppel- oder Mehrstaatigkeit, erschweren in Deutschland die Einbürgerung von Menschen mit Migrationshintergrund. Um eine breite politische Partizipation der MigrantInnen in diesem Land gewährleisten zu können, ist der vereinfachte Erwerb der Staatsbürgerschaft vor allem durch Tolerierung der Beibehaltung der alten Staatsbürgerschaft notwendig. In diesem Sinne kommt auf Cem Özdemir als neuen Parteivorsitzenden eine wichtige Aufgabe zu: glaubwürdiges Engagement für eine erleichterte Staatsbürgerschaft, bei der insbesondere auch die erste Generation der Migrantinnen und Migranten berücksichtigt wird!