Prof. Faruk Şens Artikel in der türkischen Zeitung 'Referans' habe ich aufmerksam gelesen. Die Intention des Artikels ist es, auf die Lage der Juden und anderer Minderheiten in der Türkei hinzuweisen.
Er beklagt die Benachteiligung und Unterdrückung der jüdischen, armenischen und griechischen Minderheiten in der Türkei von heute. In dem Lande, welches 1492 die verfolgten sephardischen Juden aus Spanien und 1933-1945 die aus dem Nazi-Deutschland geflohenen Intellektuellen aufnahm.
In diesem Kontext beklagt er die Ungleichbehandlung der Türken in Europa und Deutschland. Dabei zieht er einen in der Tat unzulässigen Vergleich, wenn er schreibt ‘Die Türken sind die neuen Juden Europas’.
Die Schandtaten Nazi-Deutschlands bei der industriell organisierten Vernichtung der Juden in Deutschland und Europa sind historisch einmalig und sicherlich mit keiner anderen Situation vergleichbar.
Doch liest man den Artikel aufmerksam, so wird klar, dass sein Vergleich nicht der Vernichtung der Juden gilt, sondern der Ungleichbehandlung dieser in den Jahren zuvor. Selbst dieser Vergleich ist sicherlich höchst problematisch. Şen wollte offensichtlich mit seinem übertriebenen Vergleich, auch auf die Ungleichbehandlung der Türken aufmerksam machen, die nach wie vor meistens als Ausländer in den europäischen Staaten mit minderen Rechten leben.
Şen hat eine Vielzahl von Publikationen veröffentlicht. Seine eigentliche Meinung ist der deutschen und türkischen Öffentlichkeit wohlbekannt. Er hat höchst selten polarisiert, vielmehr dem Integrationsprozess einen wertvollen Beitrag geleistet. Hierfür ist er viele Male auch von deutschen Stellen geehrt worden.
Nun soll er wegen diesem sicherlich nicht akzeptablen Vergleich auf einen Schlag von seiner 23-jährigen Arbeit als Direktor der Stiftung Zentrum für Türkeistudien entbunden werden. Wo bleibt die so hoch gelobte Meinungsfreiheit? Mich würden die Reaktionen interessieren, wenn so etwas in der Türkei passiert wäre. Genau darum geht es, es geht um die alltäglichen Doppelstandards! Dies ist nicht zu akzeptieren!
Hakkı Keskin