Wissenschaftler der Humboldt-Universität zu Berlin haben einige Beispiele aus dem Fragenkatalog präsentiert, den sie für den geplanten bundesweiten Einbürgerungstest erarbeitet haben.
Darin werden den Einbürgerungsbewerbern aus einem Pool von über 300 Fragen 33 ausgewählt, von denen in 60 Minuten 17 Fragen korrekt beantwortet werden müssen. Auf Gewissensfragen soll generell verzichtet werden.
Ich halte bundesweit standardisierte Einbürgerungstests dann für akzeptabel, wenn sie den Einbürgerungsbewerbern nur Grundkenntnisse über das Einwanderungsland Bundesrepublik abverlangen. Darüber hinausgehende Tests mit unangemessenen Anforderungen sind angesichts der extrem rückläufigen Einbürgerungszahlen integrationspolitisch kontraproduktiv.
Seit dem Inkrafttreten des neuen Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 haben sich die Einbürgerungszahlen in der Bundesrepublik von 248 000 Einbürgerungen im Jahr 1999 auf ca. 120 000 halbiert. Den Grund bilden diverse Erschwernisse sowie insbesondere das Verbot von mehrfachen Staatsangehörigkeiten.
Viele Migrantinnen und Migranten sehen in der erzwungenen Aufgabe ihrer alten Staatsbürgerschaft einen schmerzlichen Identitätsverlust. Die zum Teil jahrzehntelang persönlich erlebten, strukturellen Abwehrmechanismen der deutschen Aufnahmegesellschaft sind der Hauptgrund, weshalb sich viele Einwanderer mit Deutschland nicht richtig identifizieren können. Aus diesem Grund bleibt ein Paradigmenwechsel in der Integrationspolitik unverzichtbar.
Hierzu gehören eine schnelle und erleichterte Einbürgerungspraxis sowie Chancengleichheit in Bildung, Ausbildung, Beruf und die Beibehaltung der kulturellen Identität im Rahmen der geltenden Gesetze. Für Angehörige der ersten Einwanderergeneration, die trotz ihres jahrzehntelangen Daueraufenthalts in Deutschland immer noch nicht eingebürgert wurden, ist eine Ausnahmeregelung erforderlich: ihnen muss als Anerkennung ihrer Verdienste für den Wiederaufbau Deutschlands unter Beibehaltung ihrer bereits vorhandenen Staatsangehörigkeit ohne weitere Tests umgehend die deutsche Staatsbürgerschaft zugesprochen werden.
Wer von den Migrantinnen und Migranten Integrationsbereitschaft einfordert, muss zunächst selbst bereit sein, diese Menschen als gleichberechtigte Mitglieder in die Gesellschaft aufzunehmen. Integration kann ohne echte Teilhabe nicht gelingen.
Prof. Dr. Hakkı Keskin