Anhörung zum islamischen Unterricht

Anhörung am 22.April 199 zum Thema: 'Islamischer Religiönsunterricht - Möglichkeiten und Grenzen'

Grundgesetz – Art. 4

‘ (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.’

Dieses in seinem Wesensgehalt unantastbare Grundrecht wie auch Art. 7 (2) und (3) des Grundgesetzes gelten nicht nur für die Deutschen, wie dies bei machen Grundrechten der Fall ist, sondern für alle Menschen.

Das Grundrechte auf ‘Glaubensfreiheit’ beinhaltet selbstverständlich auch die Freiheit des Religiönsunterrichtes in den Schulen und zwar auch für Kinder muslimischen Glaubens.

Seit den achtziger Jahre treten wir dafür ein, daß ein islamischer Religionsunterricht unter der Verantwortung der Schulbehörde eingeführt werden sollte.

Nach dieser grundsäzlichen Feststellung, möchte ich mich zu den gestellten Fragen äußern.

1. Der islamische Religionsunterricht wird, davon bin ich überzeugt, einen wesentlichen Beitrag zur Integration der muslimischen Kinder in die deutsche Gesellschaft leisten. Integration verstehe ich als einen Prozeß, als eine gegenseitige Annäherung und Akzeptanz der christlichen, jüdischen und muslimischen Kinder sowie der anderen Glaubens, als ein gleichberechtigtes Zusammenleben, als Bejahung der sich fortentwickelnden Idendität und nicht als Assimilierung.

Nur das Kennenlernen der Unterschiede und der Gemeinsamkeiten befähigt Kinder, aber auch uns Erwachsene zur Dialogfähigkeit, kann Vorurteile abbauen helfen und eröffnet und ermöglicht Toleranz.

Toleranz, mehr noch Akzeptanz, ist die Voraussetzung bei dem beidseitigen Prozeß der Integration der kulturellen Minderheiten in die Mehrheitsgesellschaft. Ignoranz , Abschottung und fehlende Toleranz und Akzeptanz führen zwangsweise, wie wir dies aus vielen Beispielen kennen, zur Gettoisierung, Trotzreaktionen und Frontbildung.

Die Vielfalt unterschiedlicher Kulturen, Sprachen und Religionen kann eine Chance zur Bereicherung für alle Kinder in den Schulen und Vorschulen sein.

2. Meiner Meinung nach wird die Einführung des islamischen Religionsunterrichts in den Schulen den Einfluß der Fundamentalisten auf die Kinder maßgeblich mindern helfen. Voraussetzung dafür ist aber, daß das berechtigte Bedürfnis der Eltern mit Hilfe dieses Religionsunterrichts annährend befriedigt wird.

Zu Recht wollen viele Eltern, daß ihre Kinder in der Schule, wo auch sonst, über ihre Religion, über den Islam die notwendigen Grundkenntnisse erwerben. Sie selbst sind hierbei überfordet. Die türkischen Eltern und Großeltern kennen es aus eigener Erfahrung von ihrem Herkunftsland Türkei, daß in den Schulen diese Grundkenntnisse vermittelt werden.

Wir haben dieses Verlangen vieler Eltern bereits Anfang der achtziger Jahre beobachtet und sind mit dieser Forderung seinerzeit in die Öffentlichkeit gegangen. Leider reagiert die deutsche Politik viel zu spät auf solche Ansätze und Ideen, wie wir dies auch bei der Diskussion über die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts heute ganz aktuell erleben.

Inzwichen haben sich diejenigen Kräfte, die die Religion für ihre politischen und ökonomischen Ziele instrumentalisieren wollen so weit etabiliert, daß sie heute in der Lage sind, sogar den Status einer Religionsgemeinschaft zu beantragen. Der ‘Islamischen Föderation in Berlin’, einer fundamentalistischen Organisation, ist es sogar gelungen, gerichtlich den Zugang zum schulischen Religionsunterricht zu erkämpfen.

Wir dürfen es nicht zulassen, daß solche selbsternannten ‘Religionsgemeinschaften’ dieses Vakuum, dieses Verlangen der muslimischen Eltern nach dem Religionsunterricht, unter eigener Regie und nach eigener politischer Ideologie ausfüllen.

Im Unterschied zu Deutschland ist der Islam weder in der Türkei noch unter den Deutschlandtürken eine eigenständige religiöse Institution. Für die Religion werden im laizistischen Staat Türkei, keine Steuern erhoben. Die Geistlichen sind Beamte des Staates. Die Religionsangelegenheiten sind einem Staatsministerium Unterstellt.

Die Lehrpläne auch des Religionsunterrichts liegen allein in der Zuständigkeit des Ministeriums für Erziehung und Bildung. Dies hat historische und inhaltliche Gründe.

Im Gegensatz zu den großen Kirchen In Deutschland, wollen die islamischen Fundamentalisten, die in Deutschland aktiv sind, das politische und gesellschaftliche Leben und das Staatswesen nach der eigene Ideologie umzuformen. Die Religion benutzen sie hierbei als ein Manipulationsinstrumentarium, als Mittel zum Zweck.

Diesen selbsternnanten ‘Religionsgemeinschaften’, den öffentlich-rechtlichen Status von Kirchen zu geben und ihnen die Repräsentanz für die Muslime anzuvertrauen, wäre ein folgenschwere Fehler.

3. Der islamische Religionsunterricht sollte grundsätzlich getrennt von anderen für die Kinder aus der Türkei in türkische Sprache erfolgen. Ein Religionsunterricht über alle Religionen und von einem Lehrenden christlichen Glaubens könnte dem Bedürfnis türkischer Eltern nach meinem Dafürhalten nicht gerecht werden.

In bestimmten Abständen sollte jedoch der Religionsunterricht im Beisein aller Lehrenden von christlichen, jüdischen, muslimischen oder Kinder anderen Glaubens gemeinsam stattfinden. So könnte es zu einem gleichberechtigten intereligiosen Austausch und zu einer gegenseitigen Bereicherung der Kinder und Lehrkräfte kommen.