Meine Damen und Herren,
1. Am 4. und 5. Mai führten der Sozialausschuß und der Unterausschuß ‘Ausländer’ des Hamburger Parla-ments eine Anhörung durch. Eine Kollegin sagte: ‘Wenn man das alles hört, was hier bei uns abläuft, denke ich, wir sind in einem Entwicklungsland.’ In der Tat, die Kollegin hatte Recht.
2. Wir müssen beim Zusammenleben zur Normalität finden, d.h., der unhaltbaren Zustand des ‘Ausländerdaseins’ muß beendet werden.
3. Es ist nicht normal, daß Menschen, die in Frankfurt, Hamburg, Fürth oder Berlin geboren sind, weiterhin Ausländer genannt und als solche betrachtet und be-handelt werden.
4. Es ist nicht normal, daß diese gebürtigen Bundesre-publikaner , die in diesem Lande leben, hier zur Schule gegangen sind, ihre Ausbildung absolviert ha-ben, hier arbeiten und brav ihre Steuern zahlen, nicht einmal das kommunale Wahlrecht besitzen und nach 16 Jahren immer noch eine Aufenthaltserlaub-nis beantragen müssen. Es ist nicht normal, daß diese Menschen rechtlich, politisch und sozial von der deutschen Gesellschaft abgesondert leben müssen. Wie soll man ein solches System benennen? Diese Frage möchte ich gern von Ihnen beantwortet haben.
5. Es ist an der Zeit, dieses Apartheitsystem endlich zu beenden. Selbst in Südafrika, einer bis vor kurzem noch weitgehend rassistisch geprägten Gesellschaft, sorgte der politische Druck dafür, daß diese Form des Zusammenlebens endlich abgeschafft wurde.
6. Wie kann, so frage ich mich, in Deutschland, im Her-zen Europas, die hier weiterhin verfolgte Abschot-tungs- und Absonderungspolitik noch eine Zukunft haben? Die Diskriminierung wird vom Staat praktiziert. Es ist weder demokratisch noch human und schon gar nicht für den sozialen Frieden erträglich, wenn 8% der Wohnbevölkerung Deutschlands, 27% der Wohnbevölkerung Frankfurts und 15% der Wohnbevölkerung Hamburgs sogar von minimalen demokratischen Entscheidun-gen ferngehalten werden, weil sie zwar keineswegs faktisch jedoch nach den Normen des deutschen Ge-setzes eben zum Ausländerdasein degradiert wer-den.
7. Seit Ende der 70er Jahre wir- diskutiert – lamentiert – analysiert, es geschieht aber wenig bis nichts. Jetzt müssen wir uns/muß die SPD sich zum ent-schlossenen Handeln fit machen, vorbereiten. 8. Ich möchte jetzt die grundlegenden Prinzipien einer von der SPD geführten Bundesregierung formulieren. Dazu müssen wir zunächst einmal einige Begriffe klä-ren: Ausländer kulturelle Minderheiten Einwanderer (für die erste Generation) 9. Bei der Grundgesetzänderung könnten leider die For-derung der SPD nach Aufnahme des besonderen Schutzes der kulturellen Minderheiten als Staatsziel nicht durchgesetzt werden. Vielleicht gelingt dies zu einem späteren Zeitpunkt. ‘Der Staat achtet die Identität der ethnischen, kultu-rellen und sprachlichen Minderheiten.’ ‘Er schützt und fördert Volksgruppen und nationale Minderheiten deutscher Staatsangehörigkeit’
Eine SPD-Regierung müßte ohne Zeitverlust folgende Gesetze realisieren: 1. Die Gleichstellung der Einwandererbevölkerung vor dem Gesetz in allen Bereichen der Gesell-schaft- es gibt keine Alternative zu einer radikal erleichterten Einbürgerung diese erleichterte Einbürgerung ist ohne doppelte Staatsbürgerschaft nicht realisierbar- zahlreiche Untersuchungen belegen dies – in vielen Ländern wird dies bereits praktiziert, ohne daß es zu dem befürchteten Loyalitätsdilemma kommt – auch in Deutschland ist dies bei den Aussiedlern möglich – der Gesetzentwurf der SPD wurde abgelehnt – die SPD muß glaubwürdig sein – die Mehrheit der Bevölkerung ist offenbar für eine doppelte Staatsbürgerschaft, was 1 Millionen Unter-schriften eindrucksvoll dokumentieren
2. Antidiskriminierungsgesetz- strafrechtliche Verfolgung von rassistisch motivierten Taten sowie bei Verletzung der Menschenrechte, wie – Herabsetzung von Merkmalen und Zugehörigkeiten, die als nicht deutsch empfunden werden – Verweigerung rechtlicher Gleichstellung wegen sol-cher Merkmale – Strukturelle Benachteiligung aufgrund dieser Merk-male und der Zugehörigkeit zu o.a. Gruppen – Gaststättenrecht – Versicherungsrecht – namentliche Diskriminierung, wie Anzeigen ‘Ausländer nicht erwünscht’ oder ‘Hund ja, Auslän-der nein’, Sprüche, die die Menschenwürde tief ver-letzen Diskriminierung bedeutet ungerechtfertigte Benachteili-gung bzw. schlechtere Behandlung.- Antidiskriminierungsgesetze gibt es in vielen Ländern – auch positive Diskriminierung, um die Benachteili-gung durch ‘gleiche Behandlung’ auszugleichen; Bei-spiel: – Vergabepolitik für staatlich geförderte Wohnungen – Quotierung – Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst, nicht nur bei der Müllabfuhr – Birmingham als Beispiel In allen Bereichen muß die Gesellschaft geöffnet wer-den. Es gibt genügend qualifizierte Bewerber. Zahl-reiche Hochschulabsolventen müssen einer Tätigkeit nachgehen, die ihrer Ausbildung nicht adäquat ist
3. Interkulturelle Erziehung als Konzept gegen Rassis-mus, Antisemitismus und Ausländerhaß- Lernen für Dialogfähigkeit und Toleranz – Lernen für den Abbau von Vorurteilen – Lernen über die Geschichte, Kultur und Geographie auch der Herkunftsländer – Abbau von Vorurteilen in den Materialien zu Ge-schichts-, Kulturkunde- und Religionsunterricht – das gemeinsame solidarische Leben mit- und von-einander lernen – die Möglichkeit des Erlernens der Muttersprache und die Wahlmöglichkeit der Muttersprache als eine der Pflichtfremdsprachen
4. Einwanderungsgesetz- um die Zuwanderung überschaubar, kontrollierbar und steuerbar zu gestalten – um die bereits Eingewanderten vor dem Mißbrauch als Sündenböcke befreien zu helfen
5. Maßnahmen zur Betreuung der älteren Immigranten- neue Konzepte und spezielle Einrichtungen sind er-forderlich
6. Menschliche Behandlung der Flüchtlinge in Deutsch-land
7. Ein Ministerium für ethnische Minderheiten, Einwan-derer und Flüchtlinge