REFORM DES STAATSANGEHÖRIGKEITSRECHTS:

Eine Verschärfung der Einbürgerungskriterien lehnen wir ab!

Die rot-grüne Koalitionsregierung ist im Herbst vergangenen Jahres ganz entschie-den für eine grundlegende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts eingetreten. Der nun vorliegende überarbeitete Entwurf ‘Gesetz zur Reform des Staatsangehörig-keitsrechts’ des Bundesinnenministeriums vom 3. März 1999 sieht für die erste und zweite Einwanderergeneration insgesamt eine drastische Verschärfung der Einbür-gerungsbedingungen gegenüber der ursprünglichen Vorlage vor. Das Haupthindernis bei der Einbürgerung, nämlich die erzwungene Aufgabe der bisherigen Staatsbürger-schaft, bleibt bestehen. Erschwerend kommen dann noch weitere Kriterien hinzu, die teilweise hinter das bestehende Recht zurückfallen. So wird nur eingebürgert, wer • ‘nachhaltig den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Fa-milienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Sozial- und Arbeitslosenhilfe be-streiten kann’.

Die Kriterien für eine Einbürgerung werden nicht erfüllt, wenn • ‘der Einbürgerungsbewerber nicht über ausreichende Kenntnisse der deut-schen Sprache verfügt’. Kaum zu glauben ist jedoch die Beseitigung der bisher bestehenden Möglichkeit im § 25/a, nach Maßgabe dessen die alte, also die aufgegebene Staatsbürgerschaft nach-träglich erneut erworben werden konnte, eine Regelung, die selbst die Regierung Kohl nicht angetastet hat. Die neue Bundesregierung war angetreten mit dem Ver-sprechen, mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts etwas für die rechtliche Gleichstellung und für eine bessere Integration der Einwanderer in diese Gesellschaft zu tun. Davon ist kaum etwas übrig geblieben. Bis zu den Wahlen in Hessen trat die Regierung für eine generelle Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft ein, da ist es nicht nachvollziehbar, daß man jetzt mit derart restriktiven Regelungen selbst diesbezüglich bestehende Sondermöglichkeiten verhindert. Auch das Optionsmodell für in Deutschland geborene Kinder nichtdeutscher Eltern, nach dem man sich bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden muß, stellt für uns keine befriedigende Lösung dar. Das eigentliche Problem wird damit lediglich verschoben. Die notwendige Aufenthaltsdauer beim Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft von 10 oder 15 Jahren, die jetzt auf 8 Jahre verkürzt werden soll, war selten ein Problem für die Einwanderer und trifft selbst bei den Unionsparteien auf Verständnis. Einige weitere Veränderungen sind lediglich kosmetischer Natur. Mit welcher Leichtfertigkeit die SPD mit der eigenen Glaubwürdigkeit umgeht, ist kaum zu glauben. Da der Entwurf überdies für den Koalitionspartner Bündnis90/Die Grünen inakzeptabel sein dürfte, scheut man in einigen Kreisen der SPD offenbar nicht einmal vor einer Gefährdung der Regierungskoalition zurück. Seit Jahren setzen wir uns für ein gleichberechtigtes Zusammenleben der hier dau-erhaft lebenden kulturellen Minderheiten mit der deutschen Bevölkerung ein. Die neuerlichen Veränderungen des Entwurfs werden nicht nur diese Erwartungen zu-nichte machen, sondern die Abschottungs- und Absonderungspolitik gegenüber gro-ßen Teilen der Einwandererbevölkerung gar festschreiben und zementieren. Eben diese Politik erschwert die Integrationsmöglichkeiten und -bereitschaft dieser Men-schen in die deutsche Gesellschaft. Deshalb sagen wir mit aller Entschiedenheit ‘nein’ zu diesem Entwurf. Wenn für die SPD tatsächlich die fehlende Mehrheit im Bundesrat der Grund für diese unglaubliche Kehrtwendung ist, so sind wir gern be-reit, einen günstigeren Zeitpunkt für eine Reform abzuwarten, die diesen Namen auch verdient. Der Bundesvorsitzende