Bewertung des lezten Kommissionsberichts über den Beitritt Bulgariens und Rumäniens.
Sehr geehrter Herr Präsident (in), meine sehr geehrten Damen und Herren,
im Monitoring- Bericht der EU-Kommission zum Stand der Beitrittsvorbereitungen Bulgariens und Rumäniens vom Mai 2006 wird bestätigt, dass beide Länder die politischen Kriterien für einen Beitritt in die EU erfüllen.
Zwar werden in einigen Bereichen noch Defizite benannt, doch beide Länder sind fest entschlossen, die restlichen Mängel bis zu ihrem geplanten Beitritt am 1. Januar 2007 zu beheben.
Bulgarien und Rumänien haben seit dem Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen in politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen ganz erhebliche Erfolge erzielt. Diese werden sowohl von der EU-Kommission, aber auch von allen Fraktionen hier im Bundestag bescheinigt.
Jedoch besteht in beiden Ländern weiterer Handlungsbedarf.
Hierbei muss Rumänien auf den bisherigen Erfolgen aufbauend, die Rechtstaatlichkeit voll zur Geltung bringen und den Kampf gegen Korruption entschieden fortführen.
Bulgarien muss in erster Linie seine Justizreform konsequent vollenden. Vor allem Korruption und Kriminalität müssen weitaus entschiedener bekämpft werden.
Trotz der erwähnten Schwierigkeiten ist es wichtig hierbei festzustellen, dass die Perspektive für einen EU-Beitritt in beiden Ländern zu einem großen Schub im Gesamtreformprozess und bei der Demokratisierung geführt hat. Dies ist ein bemerkenswerter Erfolg. In beiden Ländern hat sich mit Beginn der Beitrittsverhandlungen ein tief greifender Wandel vollzogen.
Wir brauchen auch in Südosteuropa politisch stabile, wirtschaftlich dynamische, gleichzeitig aber auch voll funktionsfähige, sozialstaatliche Sicherungssysteme. Dies liegt zweifelsohne im Interesse der Europäischen Union und im Interesse Deutschlands!
Ich bin der Meinung, dass die EU-Aufnahmekriterien selbstverständlich erfüllt werden müssen.
Allerdings darf es wegen der anhaltenden Schwierigkeiten in der EU nicht zu einer Blockadehaltung hinsichtlich des EU-Beitritts kommen. Es wäre auch nicht akzeptabel, den Beitrittsländern höhere Hürden für ihre EU-Mitgliedschaft aufzustellen.
Es ist unbestritten, dass sich die EU in einer tiefen Vertrauenskrise befindet. Es wäre aber falsch, die Ursache des fehlenden Vertrauens im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung zu sehen.
Dies hängt vielmehr mit der neoliberalen Grundorientierung der EU-Politik zusammen, die unsere Staatengemeinschaft als einen Wirtschaftsraum für ihre expansiven Kapitalinteressen betrachtet.
Der Abbau des Sozialstaats und der sozialen Sicherungssysteme löst bei den Menschen zurecht Ängste aus. Wir müssen die Menschen mit einer sozial gerechten Politik wieder davon überzeugen, wofür ein vereintes und gemeinsames Europa steht: für Menschenrechte, Demokratie, Rechtstaatlichkeit und den Sozialstaat – aber vor allem auch für die Sicherung des Friedens!
In diesem Kontext ist jeder weitere Beitrittskandidat, der diese Werte eines freiheitlich demokratischen Systems erfüllt und den Menschen eine soziale Grundsicherung garantieren will und kann, ein Gewinn für die Europäische Union!