Wir diskutieren heute im Bundestag über die Grundlagen eines gleichberechtigten Zusammenlebens der unterschiedlichen Kulturen und Religionen in Deutschland.
Sehr geehrte Frau Präsidentin/Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir diskutieren heute im Bundestag über die Grundlagen eines gleichberechtigten Zusammenlebens der unterschiedlichen Kulturen und Religionen in Deutschland.
Nach meiner Wahrnehmung besteht unter den im Bundestag vertretenen Fraktionen ein Konsens über folgende Positionen:
- Als Demokraten lehnen wir jegliche Art von Gewaltanwendung kategorisch ab.
- Wir bekennen uns zu den universalen Menschenrechten und zu den Grundrechten unserer Verfassung. Hierzu gehören selbstverständlich auch die Religionsfreiheit und die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
- Wir sind auch der Meinung, dass keine Religion für politische, ökonomische oder ideologische Zwecke instrumentalisiert werden darf. Der Säkulare Staat ist nicht verhandelbar.
- Wir stimmen darin überein, dass die Beherrschung der deutschen Sprache von westlicher Bedeutung ist.
Sehr geehrte Damen und Herren,
leider bestehen in einer Reihe von wichtigen Fragen aber erhebliche Differenzen.
Bundesinnenminister Schäuble hat in der FAZ vom 25.9.2006 erklärt, ich zitiere:
‘Trennendes erkennen und Verbindendes stärken kann aber nur der, der sich seiner eigenen Wurzeln bewusst ist’. Herr Schäuble sie haben Recht.
- Bedauerlicherweise haben insbesondere die Unionsparteien diesen richtigen Grundsatz in Bezug auf die Migranten und die Muslime bis heute ignoriert.
- Die Fraktion DIE LINKE. befürwortet den Erhalt und die Weiterentwicklung der kulturellen Identität der Migrantinnen und Migranten.
Hierzu gehören das Erlernen der eigenen Muttersprache in den Schulen sowie die Anerkennung des Islam als eine gleichberechtigte Religionsgemeinschaft.
- Neben dem christlichen Religionsunterricht sollte ein Wahlfach ‘Islamkunde’ unter der Aufsicht deutscher Schulbehörden eingeführt werden.
- Kenntnis der Kulturen ist die Voraussetzung für das einander Verstehen.
- Für die DIE LINKE. Gehört die rechtliche, politische und soziale Gleichstellung der kulturellen Minderheiten zur Grundvoraus-
setzung einer Integrationspolitik.
Dies ist allerdings nur mit dem Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft möglich.
Für viele politisch Verantwortliche steht die Einbürgerung jedoch erst am Ende des Integrationsprozesses.
- Weite Teile der Union sind noch immer der Ansicht, dass die Migranten eine Bringschuld haben. Sie sollen sich der deutschen Mehrheitsgesellschaft unterordnen.
Oftmals wird hierbei über Integration geredet, jedoch Assimilation gemeint.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ich habe leider den Eindruck gewonnen, dass die gestrige Islamkonferenz vor allem bedingt durch sicherheitspolitische Überlegungen stattfand.
Motive dieser Konferenz hätten eigentlich integrationspolitischer Natur sein müssen.
Dennoch begrüße ich die Islamkonferenz auch heute als Initiative zu einem interkulturellen Dialog.
Ein wirklicher Dialog muss jedoch auf gleicher Augenhöhe und in wechselseitigem Respekt für einander geführt werden.
Die Fraktion DIE LINKE. fordert die Bundesregierung auf, die bei uns lebenden kulturellen Minderheiten als gleichberechtigte Bürger endlich in die deutsche Gesellschaft aufzunehmen und sie als ihren festen Bestandteil anzuerkennen.
Dies erfordert, wenn ich resümieren darf:
• die Anerkennung der kulturellen Identität von Muslimen und anderen Minderheiten,
• die rechtliche, politische und soziale Gleichstellung durch den erleichterten Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft,
• tatsächliche Chancengleichheit in den Bereichen Bildung und Ausbildung durch sozialgerechte Reformen im Bildungswesen. sowie
• die berufliche Integration durch besseren Zugang zu Beschäftigung in Deutschland mit menschenwürdigen Einkommen.
Wenn wir die Integration und die gestrige Islamkonferenz wirklich ernst meinen, müssen diese berechtigten Forderungen ohne weiteren Zeitverlust realisiert werden.
Ich danke ihnen.