Die Türkei hat eine klare EU-Perspektive verdient!

Der von der EU-Kommission am 9.10 vorgelegte Fortschrittsbericht zur Entwicklung der Türkei ist tief enttäuschend, unglaubwürdig und in sich widersprüchlich. Er bestätigt diejenigen unter den Türken, die an der Aufrichtigkeit der EU bezüglich einer EU-Mitgliedschaft der Türkei zweifeln. Diese behaupten nämlich, dass die EU gegenüber der Türkei eine hinhalte Strategie praktiziere und niemals ernsthaft willens sei, die Türkei in die EU aufzunehmen.

Die EU Befürworter, zu denen auch die Türkische Gemeinde gehört, haben dagegen stets die Regie-rungen in der Türkei aufgefordert, die Kopenhagener Kriterien zu realisieren und damit die eigene Hausaufgaben zu machen. Mit grundlegenden Verfassungsänderungen von 32 Artikeln im Jahre 2001 und eine Reihe Gesetzesänderungen sowie der Verabschiedung von 14 sogenannten ‘EU-Anpassungsgesetzen’ Anfang August dieses Jahres hat die Türkei die Voraussetzungen für den Be-ginn von Beitrittsverhandlungen erfüllt. ‘Das Parlament in Ankara hat ein Reformpaket im besten EU-Format verabschiedet und stürzt die Europäer damit in tiefer Verlegenheit’, bewertete ‘Die Zeit’ am 8.8.2002, wie auch viele andere Medien, die Reformen in der Türkei. Was die Türkei und die 3,3 Millionen Türken in den EU-Staaten zu Recht fordern, ist die Einlösung der Zusagen seitens der EU, nämlich der Türkei nach Erfüllung der Kopenhagener Kriterien eine verbindli-che EU Perspektive beim Gipfel in Kopenhagen Mitte Dezember 2002 zu geben. Es geht also um ein Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen. Für die umfassende Umsetzung der politischen und wirtschaftlichen Standards könnte die EU der Türkei Auflagen mit Fristen machen, nach deren voll-ständiger und lückenloser Realisierung die volle Mitgliedschaft in Aussicht stünde. ‘Die Beitrittsstrategie der EU hat sich als erfolgreich erwiesen. Sie hat die Kandidaten bei ihren Vorbereitungen durch genau umrissene Etappenziele unterstützt. Die klare und glaubwürdige Perspektive des EU-Beitritts war überall der wirksamste Motor für die notwendigen Reformen’, so Günter Verheugen in seinem gestrigen Bericht in Brüssel. Genau diese Beitrittsstrategie mit einer glaubwürdigen Perspektive als wirksamsten Motor für Reformen will man aber der Türkei nicht geben. Deshalb entlarvt sich dieser Bericht als unglaubwürdig, in sich widersprüchlich und heuchlerisch. Was für 10 Beitrittskandidaten gängige und erfolgreiche Praxis war, darf der Türkei, dem einzigem islami-schen Land, nicht vorenthalten werden. Die Repräsentanten der EU jedenfalls werden weder der türki-schen Bevölkerung noch der Weltöffentlichkeit diese perfide Hinhaltepolitik glaubhaft machen können. Die Deutschlandtürken und die Türken in anderen EU-Staaten erwarten von den Regierungschefs der EU beim Gipfel im Dezember dieses Jahres, der Türkei eine verbindliche und glaubwürdige Perspekti-ve zu geben. Nunmehr steht ganz ernsthaft die Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit der EU auf dem Prüfstand.

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